Budgetsprenger

Pampers und Milchpulver haut immer richtig rein. Von 38 Kinder tragen zur Zeit 31 Kinder noch Pampers in St. Katharina und für 8 der Kleinsten brauchen die Schwestern zwei Dosen Milchpulver. Damit reicht das Budget hinten und vorne nicht.

Gemeinsam haben wir gerechnet und nach Lösungen gesucht. Zumindest kennen wir nun den Bedarf. Jetzt müssen wir nur noch nach den Geldquellen suchen. Naja. Tutaona (Kisuaheli, Schaun wir mal).

Kleiner Nachtrag: Stoffwindeln sind leider keine Alternative. Schon jetzt sind die Wäscheberge riesig und von den vier Waschmaschinen läuft gerade nur eine. Die drei alten Maschinen hat der Blitz getroffen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Tisch als Zentrum

Wenn wir ins Regionalhaus kommen, wird als erstes dieser Tisch “besetzt”. Hier wird gegessen, geredet, gearbeitet… hier treffen sich Gäste mit Einheimischen und viele unserer Besprechungen beginnen oder enden hier.

Heute ging es um das Thema “Erneuerbare Energien”. Gemeinsam sind wir die verschiedenen Standorte mit ihren spezifischen Herausforderungen und Nöten durchgegangen, um dann mit den Expert*innen an einige Standorte zu fahren und die Situation vor Ort zu begutachten. Gelernt habe ich in den letzten Jahren, dass es um einen sinnvollen Mix verschiedener Energiequellen geht, der abhängig ist von den lokalen Begebenheiten und dem Bedarf. Nullachtfünfzig Lösungen sind rar. Gut ist, mit Leuten zusammen zu arbeiten, die genau dieses Ziel verfolgen und die Geduld und Zeit mitbringen, eine ordentliche Analyse mit den Nutzerinnen vor Ort durchzuführen.

Montag wird es dann konkret und wir werden Prioritäten setzen müssen, denn wie immer im Leben, nicht alle Wünsche können erfüllt werden.

Mit schwerem Herzen…

haben wir Europa hinter uns gelassen und sind nach Tansania geflogen.

Fliegen ist nach wie vor ein richtiger bürokratischer Aufwand. Ohne ausgedrucktes negatives PCR-Testergebnis mit QR-Code und Einreiseanmeldung keine Chance ein Flugzeug zu besteigen. Alles war bis ins Detail geplant, doch dann hatte der Fahrer der Coronateststation mitsamt den Abstrichen einen Verkehrsunfall. Und plötzlich musste umgeplant werden. Also zum erneuten PCR-Test an den Flughafen. Trotz Stau haben wir es gerade noch rechtzeitig geschafft. Dann mussten wir aufs Ergebnis warten und ein Büro zum Ausdrucken suchen. Auch das hat geklappt. Doch es war kein QR-Code auf dem Ausdruck und die Dame am Schalter wollte keine Ausnahme machen. Quasi in letzter Minute kam dann der “Unfalltest” vom Vortag aufs Handy und mit diesem QR-Code war das Einchecken dann möglich. Quasi in letzter Minute waren wir durch.

Doch die Ereignisse in Europa und insbesondere in der Ukraine sind überall präsent. In Doha am Flughafen berichtete der Sender Al Jazeera ununterbrochen und auch hier in Dar es Salaam kreisen unsere Tischgespräche immer wieder um den Krieg und seine Auswirkungen auf die Menschen. Auch hier steigen die Benzin- und vermutlich bald die Nahrungsmittelpreise.

“Da stimmt was nicht im System”

Inzwischen sitzen wir wartend vor der Deutschen Botschaft in Dar es Salaam. Wir durften Sr. Martina nicht begleiten. Wir warten und hoffen, dass sie ein Arbeitsvisum bekommt. Touristen- oder Besuchervisa für Deutschland gibt es nach wie vor nicht.

Nebenher versuchen wir die Workshops auszuwerten, aber es ist viel zu schwül zum Denken. Alles klebt.

Eines der wichtigsten Ergebnisse hat sich jedoch im Laufe der Woche immer mehr bestätigt. Wenn wir es nicht gemeinsam schaffen, dass die Arbeit der Schwestern in den Projekten und Einrichtungen gerecht bezahlt wird, wird die Gemeinschaft sich nicht nachhaltig weiter entwickeln können. Und damit ist auch die Hilfe für die Menschen gefährdet.

Neben der Bezahlung der Schwestern muss diese Ungerechtigkeit innerhalb der Kirche beendet werden. Die Schwestern haben über Jahrzehnte die Einrichtungen aufgebaut, weiter entwickelt, renoviert, die Mitarbeiter:innen bezahlt usw. Es kann nicht sein, dass ihnen der Grund und Boden nicht übertragen wird.

Seit Jahren diskutieren wir erfolglos. Vermutlich müssen wir uns Hilfe suchen.

1. Advent

Rechtzeitig zum 1. Advent kam der Regen. Innerhalb von zwei Tagen sprießt es überall kräftig grün. Plötzlich sind die Frösche wieder zu hören. Es hört sich so an, als wären sie auf Brautschau. Ebenso die Vögel mit ihrem Gesang.

Hier ist so viel Geschäftigkeit. Adventliche Stimmung mit Kerzen und Tee oder gar Glühwein ist weit weg. Am Abend wird zwar die erste Kerze angezündet. Vor dem Regen wäre es dazu viel zu heiß gewesen. Doch auch hier ist Advent, denn die Sehnsucht nach Leben und Lebendigkeit ist groß.

Natürlich schauen wir gebannt auf die Nachrichten aus Deutschland. Aus der Ferne fällt es uns schwer, die Informationen einzuschätzen. Für alle Menschen, die sich um uns Sorgen machen: wir begeben uns morgen Richtung Daresalaam, gehen direkt vom Flughafen zum PCR Test und fliegen am Dienstagabend nach Hause. Unsere Zeit hier ist sowieso zu Ende. Auf das, was uns daheim erwartet, sind wir gespannt. Ein Advent der besonderen Art?

Ist das hier Alltag?

Freitagnachmittag. Überall sehen wir Schüler:innen bei Sport und Spiel. Auch im Nazarethcollege. Sr. Aurelia versucht sich als Schiedsrichter am Spielfeldrand. Auf dem Feld sind einige der zukünftigen Lehrerinnen mit voller Energie und Einsatz dabei. Andere haben wichtige Neuigkeiten und müssen erst mal ein Schwätzchen halten. Auf jeden Fall geht es fröhlich und ausgelassen zu.

Und doch fällt es schwer, einen Gesamteindruck von der Stimmung im Land zu bekommen. Vor allem wenn wir, wie im Moment mit einem Ohr und Auge und einen großen Teil unseres Herzens bei den Nachrichten aus Deutschland sind.

Nein. Corona oder Coronamaßnahmen sind hier kein Thema. Die Schwestern wurden vor einigen Wochen auch offiziell über die Impfung aufgeklärt. Die meisten haben aber entschieden, sich nicht mit einem chinesischen Impfstoff impfen zu lassen.

Auf dem Friedhof sind viele frische Gräber zu sehen, aber in den Statistiken der Krankenhäuser sehe ich keine besondere Häufung. Eine höhere Zahl von Atemwegserkrankungen deuten darauf hin, dass es eine Welle in der kalten Zeit gab. Sichere Informationen liegen uns aber nicht vor.

Alles sieht wie Alltag aus. Dabei sind die Auswirkungen überall zu spüren. Lieferengpässe und Teuerung, Überschuldung… trifft die Menschen hart. Wann beginnen wir endlich diese Pandemie als globale Katastrophe zu verstehen?

Tag der Gewalt gegen Frauen

Tage mit einem bestimmten Motto gibt es viele, manchmal passen sie zu unserer aktuellen Situation, manchmal nicht. Bei uns passt es heute.

Seit Tagen arbeiten wir intensiv an den Themen Leadership ( Führungs- und Leitungsverantwortung) und Finanzen mit den verantwortlichen Schwestern hier vor Ort und dabei stoßen wir immer wieder ganz plötzlich und manchmal auch unvermittelt auf massive strukturelle Gewalt gegen Frauen. Durch staatliche Behörden aber ebenso durch kirchliche Strukturen. Die Möglichkeiten zur Diskussion sind begrenzt. Es bleibt nur der Weg des Empowerment. Frauen zu stärken, um für ihre Belange einzustehen, sie zu ermutigen, sich selbst nicht einschüchtern lassen… sich die Ansprüche an die selben Lebenschancen wie Männer nicht ausreden lassen…

Manchmal beginnt es einfach damit, für gerechte Löhne für die Arbeit von Ordenschwestern zu ringen oder darum zu kämpfen, dass Grundstücke, auf denen wir als Frauengemeinschaft eine Einrichtung errichtet haben, auch in den Besitz der Gemeinschaft übergehen können. Scheinbare Selbstverständlichkeiten, die alles andere als selbstverständlich sind.

Manchmal geht es aber auch darum, den Mädchen in den Schulen zu erklären, dass das von einem Mann geschenkte Handy sie in Abhängigkeit und unter Kontrolle bringt. Ein einfaches Handy hier ist für 8 Euro zu haben, kein Problem für einen Motorradtaxifahrer, einem Beamten, einem Lehrer mit mindestens einer Familie daheim, aber ein ungeheuer Reichtum für ein junges Mädchen aus einer armen Familie mit sieben Kindern.

Kumbikumbi und andere Insekten

Gestern Abend hatte ich schon brav mein Moskitonetz festgesteckt, als ständig irgendetwas flatternd gegen das Fliegengitter knallte. Die Neugier ließ mich rauskrabbeln und da sah ich unzählige Käfer am Gitter kleben. Auch so ein Zeichen, dass der Regen nicht mehr weit ist.

Trotzdem ging ich schnell wieder zurück, auch wenn diese Käfer, ähnlich wie Kumbikumbi zu den eiweißreichen Delikatessen gehören.

Ja. Tansania kennt wie viele andere Völker Insekten als eiweißreiches Nahrungsmittel. Diese Käfer zum Beispiel werden in kochendes Wasser geworfen. Dort fallen dann die Flügel weg, anschließend werden sie in der Pfanne angebraten.

Wissen und Bräuche, die im Laufe der Kolonisierung fast untergegangen sind und in Zukunft bedingt durch die Klimaveränderung umso bedeutender werden.

Wer sagt denn, dass Schnecken, Garnelen oder Krabben weniger eklig sind als Käfer, Larven, Fliegen oder Heuschrecken. Und wer mal Krabben für ein Festmahl gepult hat, weiß dass auch diese Zubereitung ist.

Zum Frühstück gab es bei uns übrigens Reis, einfach Reis. Ohne Käfer.

Wasser

Gestern war für ein paar Stunden das Wasser weg. Da muss man als Gast aus Deutschland kurz mal tief durchatmen. Denn in unserem Seminarraum duftete es nach einem Tag harter Arbeit bei 34 Grad nicht mehr ganz so frisch und ich konnte mich nicht ausnehmen.

Doch. No panic. Die Wassertanks mussten durchgespült werden. Das ist im Moment eine kleine präventive Maßnahme bis der neue Wasserturm fertig ist und die Wasserversorgung der Schwestern hoffentlich wieder in Ordnung ist.

In den letzten Monaten gab es überdurchschnittlich viele Durchfallerkrankungen unter den Schwestern. Die Schwestern kommen dann meist mit der Diagnose Thyphus vom Arzt zurück, erhalten Medikamente (Antibiotika und Paracetamol) und sind nach einigen Tagen wieder fit. Also, scheint Thyphus und Thyphus nicht unbedingt das Gleiche zu sein. Egal. Auch andere Durchfallerkrankungen sind unangenehm und wenn sie durch verunreinigtes Wasser entstehen, muss was passieren.

Es war ziemlich schnell klar, dass die selbstgefasste Quelle nicht das Problem ist, weil dieses Wasser ja auch in Flaschen abgefüllt und ständig kontrolliert wird. Die Verunreinigung musste also in den Tanks entstehen. Tatsächlich. Tanks wurden ausgetauscht und werden regelmäßig durchgespült.

Nach zwei Stunden war die Prozedur gestern vorbei und wir konnten erfrischt und wohlriechend zum Abendgebet und zum Abendessen erscheinen.

Warten, warten auf Regen…

Es ist wirklich außergewöhnlich heiß. Und staubig. Alles voller roter Staub. In jeder Pore hängt der Staub. Die Krägen der Hemden werden rot. Die Füße müssen am Abend mit der Bürste geschrubbt werden und am Morgen wischt jede Schwester in der Kirche den Platz sauber, bevor sie sich mit dem weißen Kleid hinsetzt. Und trotzdem haben die Kleider überall rote Spuren.

Aber der Regen kommt, er ist schon zu ahnen, die Wolken und der Wind verändern sich. Vor allem aber blühen manche Blumen und Bäume gerade jetzt wunderschön. Als wären es die Vorboten der Regenzeit. Oder als verschwenden sie ihre letzte Kraft am Ende der Trockenzeit in farbige und duftende Blüten.

Besonders schön ist das auf dem Friedhof. Die knorrigen grauen Bäume zwischen den verwahrlosten alten Gräber verwandeln sich fast schon in einen in grünen Park. Grüne Bäume mit feinen weißen Blüten, die in der Mitte immer leuchtender gelb werden. Und vor allem duften sie. Schon von Weitem riecht man sie. Irgendwie ein wunderschönes Zeichen, wie das Leben den Tod besiegt.