Auf Safari
Inzwischen haben die Straßen auch unter der Regenzeit zu leiden. Die Safaris werden zunehmend aufregender. Matschfahren fühlt sich an wie auf Schmierseife Halt suchen, anders als im Schnee oder bei Glatteis. Vor allem scheint der Gegenverkehr schon von Weitem zu sehen, dass eine Mzungu (eine Weiße) im Auto sitzt, die brav Rücksicht nimmt und sich an die Regeln hält, bzw. zur Seite fährt, auch in die Matschlöcher rein, wenn sie völlig überladen, mit Menschen auf dem Anhänger und Matratzen auf dem Dach in der Mitte der Straße vorbeischlittern…
Morgen steht jedoch wieder eine Safari per Bus auf dem Programm – Teerstraße bis Iringa – eine andere Art von Herausforderungen.
Solidarität
Tansanische Kinder bieten uns hier immer wieder ganz besondere Lektionen an… Mit drei Kleinkinder aus St. Katharina waren wir heute in St. Loreto bei den Kindern mit körperlichen Behinderungen. So schnell konnten wir gar nicht schauen und eines der Kinder hat uns das Kleinkind vom Arm und mit genommen. Beeindruckend wie die Kinder sich über den Besuch der Kleinkinder freuen und sich sofort um sie kümmern.
Beeindruckend aber auch mal wieder wie die Kinder von St. Loreto sich gegenseitig helfen oder wie die „Neuen“ in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Zum Beispiel habe ich Paulina aus Ruanda mit ihren Klappfüßen zuerst gar nicht erkannt, so selbstverständlich war sie schon Teil der Gemeinschaft. Sie dagegen hat mich gleich erkannt und sich gefreut, als ich endlich kapiert habe, wer sie ist. Es war wirklich deutlich zu sehen, dass es ihr gut geht und sie die Gemeinschaft genießt. Gleich hat sie mir auch ihre neuen Freundinnen gezeigt. Leider ist nun klar, dass sie neben den Klappfüßen, die hoffentlich bald operiert werden können, auch auf einem Auge blind ist.
Impressionen von unterwegs
Rückreise
Unsere Tage in Dar es Salaam waren angefüllt mit Begegnungen, Einkäufen, Sightseeing und ein paar Stunden am Meer. Jetzt weiß ich, wo man am besten Kühlschränke und Waschmaschinen kauft, wo es Außenbordmotoren gibt und wo man mit Gästen zum Pizza oder Fisch essen gehen kann. Ich kann auf dem Pikipiki und Bajaji fahren (Motorrad und Dreiräder) und weiß, dass das Meer, ab einer bestimmten Windstärke nicht ungefährlich ist.
Trotzdem ist das Gewirr von Dar es Salaam noch unübersichtlich und chaotisch. Aber ich lerne einzuschätzen, was es im Land alles einzukaufen gibt und wofür wir keine Container mehr packen müssen.
Und es macht riesigen Spaß, mit Gästen aus Deutschland das Land noch besser kennen zu lernen und die Faszination zu teilen.
Alfa kämpft sich ins Leben
Der Weg zu unserem Oberinnentreffen heute war für manche Schwester mit großen Mühen verbunden. Sr. M. Ursula aus Lundumato zum Beispiel musste fast die Hälfte der Strecke zu Fuß gehen, weil kein Bus und kein Auto den Weg ins Hochland überwinden konnte. Tja, die Regenzeit hat uns voll erwischt. Aus Staub wurde Matsch – roter Matsch! Dafür ist es aber endlich ein wenig kühler geworden, vor allem nachts und die Menschen freuen sich sehr, dass das Wetter hier im Südwesten so fruchtbar ist. Weiter im Norden hat es noch gar nicht geregnet und nun ist es schon zu spät für die Aussaat des Maises – das ist ein sorgenvoller Start ins neue Jahr.
Morgen breche ich schon wieder nach Dar es Salaam auf, Alfa kann ich beruhigt zurück lassen. Er scheint ein kleiner Kämpfer zu sein – er kämpft sich ins Leben! Danke an alle, die sich um ihn gesorgt haben…
Ausgepackt und verteilt
Den Weg zu unseren Zimmer mussten wir uns fast bahnen, als wir am Donnerstagnachmittag aus Dar es Salaam zurückkehrten. Der Container war angekommen, sehnsüchtig hatte ich ihn erwartet, nun standen unzählige Kisten auf dem Gang. Doch am Donnerstag stand erst mal der Besuch in St. Katharina bei Alfa (dem es übrigens schon besser geht) auf dem Programm.
Freitag dann haben wir ausgepackt, sortiert, verteilt, Computerprogramme aufgespielt, Operationsinstrumente für die einzelnen Stationen gerichtet. Die Fliesen wurden schon in Ruhuwiko ausgeladen, die Solaranlage ist auch schon an Ort und Stelle, der Blitzschutz wurde verladen. Irgendwie ist es mir gelungen, eine Nähmaschine für die Mutter von Josef zu sichern, aber dazu irgendwann mal mehr… Das freut mich besonders.
Heute geht es für Sr. Lucia und Alex weiter – bei mir steht ein Meeting mit dem Regionalrat an.
Alfa
Alfa heißt der neuste Zugang in St. Katharina – und er war nicht die erste Geburt, wie wir beim Namen vermuteten (Alpha und Omega), er war das fünfte Kind seiner Mutter. Ich schreibe in der Vergangenheit, weil seine Mutter bei der Geburt ihr Leben verlor. Irgendwo auf der Straße zwischen Lundumato und Litembo erblickte Alfa „das Licht der Welt“, abgenabelt mit einem Stück Stoff.
Der Weg von Lundumato ins Krankenhaus nach Litembo war zu weit – und bei Regen ist er oft unpassierbar. Eigentlich gibt es in Lundumato eine kleine Dispensary mit einem schönen Kreißsaal. Aber Sr. Bakathi, die Krankenschwester und Hebamme, war nicht da, sie war gerade an diesem Tag mit einem Mädchen aus einer armen Familie nach Mbinga gereist, um sie bei Sr. Kaja in der Haushaltungsschule unter zu bringen. Eine zweite Hebamme kann sich die Dispensary unmöglich leisten, schon jetzt reicht das Geld in dieser armen Region nicht, um die Gehälter zu zahlen.
Vermutlich hatte Alfas Mutter eine Schwangerschaftsvergiftung, seine Augen sind knallgelb und seine Nabelschnur stinkt erbärmlich. So brachte ihn sein Vater nach St. Katharina. Er hat jetzt erst mal genug zu tun , um für die anderen vier Kindern daheim zu sorgen. Wenn Alfa „aus dem Gröbsten raus“ ist, kann er nach Hause. Oft liegt es einfach daran, dass kein Geld für das Milchpulver da ist – geschweige denn für eine medizinische Behandlung.
So haben wir gestern mit der Behandlung des Bauchnabels begonnen – nicht zur Freude der Schwestern… Vermutlich habe ich mir gestern mal wieder ein Tabubruch geleistet… als ich mit der Schere dem eitrigen Stofffetzen zu Leibe rückten, schrie Sr. Asteria entsetzt auf, wahrscheinlich dachte sie, ich schneide das wertvolle Stück Nabelschnur ab. Doch das wird irgendwann die nächsten Tage von alleine abfallen. Hier geht es jetzt erst mal drum, eine Ausbreitung der Infektion zu verhindern.
Als ich Alfa das erste Mal auf dem Arm hielt, befürchtete meine Nase das Schlimmste, doch als er dann die Flasche bekam und bereits am zweiten Tag seines Lebens einen großen Appetit an den Tag legte, wurde ich zuversichtlicher. Vielleicht macht er der anderen Assoziation seines Namens Ehre – Alfa Romeo – und wird ein ganz Schneller.
Gute Nachrichten
Zwar ist das Busfahren nicht mehr mit so viel Aufregung verbunden, wie am Anfang, aber meine Beine sind nicht kürzer geworden und die Fähigkeit, mich auf diesen Sitzen zusammen zu klappen, scheine ich nicht mehr zu lernen.
Inzwischen sind Alex und ich in Ilunda. Hier fand heute Abend noch eine Besprechung statt und wir können morgen früh zufrieden weiter nach Mbinga fahren. Außerdem kam heute die Nachricht an, dass der Container in Mbinga angekommen ist – drei Monate war er nun unterwegs und kommt genau richtig.
Nun kann ich nächste Woche das Buchhaltungsprogramm auf die Notebooks für die Konvente spielen und erste Übungsschritte machen. Das Material für das Gästehaus in Ruhuwiko ist da und Sr. Lucia hat schon begonnen, die Rollstühle zu sichten. Super, das passt doch mal genau…
Allen, die den Container ermöglicht haben, sei Dank.
Wieder einmal Feiertag
Revolutionstag war heute…
Was für ein Glück, die Straßen sind weniger verstopft als sonst und wir waren ruckzuck durch die Stadt und auf einem Hügel, auf dem die Benediktinerinnen und Benediktiner vor über 125 Jahren mit ihrer Arbeit hier in Tansania begonnen haben. Dort wurde heute die Missionierung durch die Benediktiner gefeiert. Zum Feiern wird immer ein Anlass gefunden 😉
Und doch ist es eine interessante Geschichte und eine spannende Zeit. In Scharen brachen damals junge Menschen aus Deutschland auf. Manche der Motivationen sind aus heutiger Sicht zu hinterfragen – es muss sie wohl eine große Begeisterung und Faszination bewegt haben, dass sie trotz schlechter Nachrichten abgereist sind. Die Ersten starben schon nach wenigen Wochen an Unterernährung, Malaria und Typhus. Doch anstatt das Projekt als gescheitert zu erklären, meldeten sich immer mehr. Neben der sozial-caritativen Arbeit, der Bildung und der Verkündigung des christlichen Glaubens gehörte auch der Freikauf der in der Sklaverei geborenen Kinder zur Aufgabe der Missionare.
Kariakoo
Kariakoo heißt der Teil der Innenstadt, in dem “das Leben tansanisch pulsiert”. Irgendwie scheint es in den Straßen eine Logik zu geben. Die Straßen, in denen die Kleidergeschäfte sind, in der Querstraße kommen die Toilettenschüsseln und um die nächste Ecke Saatgut und Unkrautvernichter – Produkte, die in Deutschland schon längst vom Markt sind.
Und endlich fanden wir auch Nähmaschinen. Leider nicht zu vergleichen mit denen, die wir immer wieder im Container schicken konnten. Und auf der Straße muss man zwischen Gemüseauslagen und Pfützen balancieren. Die unterschiedlichsten Düfte steigen einem in die Nase, Gewürze aus Sansibar, Fisch, Fleisch und Menschen… Sicher auch der Teil der Stadt, in dem die arabische Prägung am deutlichsten wird… Bis zur Kolonialisierung durch die Deutschen wurde der Küstenstreifen vom Sultan von Oman beherrscht…
Wieder ein neuer Aspekt des faszinierenden Landes…