Eine Prothese für Krispin

Krispin wollte nicht fotografiert werden. Deshalb ein Bild von einem kleinen Spaziergang nach dem Besuch des Krankenhauses.
Da erzählt mir noch einer, dass es im Niassasee keine Krokodile gibt. Krispin ist der lebendige Beweis, dass das ein netter Traum ist – je nach Betrachtung!
Krispin verlor vor vier Jahren seinen linken Unterschenkel durch einen Krokodil. Im Anschluss zerbrach dann auch seine Ehe. Mit seinen beiden Krücken ist er zwar schnell und wendig, aber auch sehr eingeschränkt. Deshalb waren Sr. Lucia und ich mit Krispin in Songea, bei Sr. Lucia “besonderem” Freund, dem Orthopädiemechaniker. Krispin soll nun eine Prothese bekommen. Erst gegen Bezahlung des vollen Preises geht einer der Mitarbeiter los, die Gipsbinden für den Abdruck in der Stadt zu kaufen.
Gewöhnlich dauert die Anfertigung eine halbe Ewigkeit und nur nach mehrfachen Mahnungen passiert etwas.
Nun können wir nur hoffen, dass Krispin selbst sein Recht einfordern wird. Er hat Freunde in Songea, vielleicht erledigen die das für ihn, denn Krispin hat kein Geld sich das Busticket von Liuili am Niassasee bis nach Songea zu leisten, nur um dem Orthopädiemechaniker Druck zu machen. Sr. Lucia wird es für ihn nicht mehr tun können, denn sie reist mit uns zurück nach Deutschland.
Mwenge – die Flamme der Einheit

Die Tansanier sind sehr stolz auf ihre jüngere Geschichte und den friedvollen Übergang von der Kolonialzeit in die Unabhängigkeit. Irgendwie ist es ihnen gelungen aus einem künstlich zusammengefügte Gebilde mit unzähligen Volksgruppen eine Nation zu werden. Eines der Symbole der Einheit ist die Flacke der Einheit, die jedes Jahr für Monate durchs Land getragen und gefahren wird.
In diesem Jahr beginnt der Lauf der Mwenge in Songea und der Ruvuma-Region. Songea, als Ort des sogenannten Maji-Maji-Aufstand hat für das Nationalbewusstsein eine besondere Bedeutung. Hier wehrten sich die Einwohner der Region zu Beginn des 20. Jahrhunderts das erste Mal gegen die – damals – deutschen Kolonialherren und wurden blutig niedergeschlagen.
Die Flamme wird mit verschiedenen Botschaften jedes Jahr durchs Land getragen. In diesem Jahr steht natürlich die Wahl im Oktober im Vordergrund. Mit der Flamme werden die Menschen ermahnt alles für eine demokratische Durchführung der Wahl zu tun.
Und diese Flamme kam nun tatsächlich gestern nach Ruhuwiko. Die Kinder waren begeistert. Außerdem war schulfrei! Und dieses Spektakel! So viele Uniformen, Maschinengewehre, Autos… und die Flamme, jede Schwester kann erzählen, wann sie das erste Mal die Flamme berührt haben. Eine Bedeutung, die sich uns Deutschen mal wieder entzieht. Und doch war es faszinierend mit welcher Ernsthaftigkeit und Freude diese Flamme inszeniert wird. Eine tief religiöse Symbolik! Trotz Gasmasken wegen dem Petroleumgestank.
Zeit in Peramiho

Endlich war in Peramiho einmal genügend Zeit und Möglichkeiten nicht nur mit Margaretha, der weltwärts-Freiwilligen ihren neuen Arbeitsplatz im Labor anzuschauen, sondern auch die Schwestern an ihren Ausbildungsplätze zu besuchen. Sr. Inviolata und Sr. Salome machen zur Zeit eine Schneiderlehre und Sr. Maria Vianney kann nun endlich eine fundierte Ausbildung als Elektrikerin machen. Sie ist so glücklich über diese Chance. Jahrelang hat sie die Turbine in Maguu versorgt und gepflegt. Jetzt endlich kann sie sich manche Zusammenhänge besser erklären.
Allerdings haben alle drei ziemlich abgenommen. Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass es jeden Tag Ugali und Bohnen gibt, am Sonntag ein wenig Fleisch. Zum Gemüse- und Obstessen müssen sie in die Ferien ins Regionalhaus. Und trotzdem sind sie zufrieden mit ihrem Schülerinnendasein.
Inzwischen sind wir in Ruhuwiko. Der Feiertag und die momentan stattfindende Abstimmung zum Verfassungsreferendum erfordern Spontanität. Aber dazu später mehr.
Gut angekommen!!!

In Peramiho! Der Benediktinerabtei in der Nähe von Songea. Dorthin hat eine unserer Freiwilligen gewechselt und uns gestern Abend auch gleich in Empfang genommen.
Zwischendrin, so kurz nach der Hälfte der Strecke machte das schicke Peramihoauto plötzlich Zicken. Joel, unser Fahrer, hatte Mühe das Lenkrad fest zu halten. Irgendetwas klapperte verdächtig. Als wir dann mit vereinten Kräften entdeckten, dass sich irgendein (unwichtiger?) Deckel nicht mehr schließen ließ, fuhren wir beruhigt weiter und Joel hielt ab und zu an, lief mit dem Schraubenzieher ums Auto, zog irgendwelche Schrauben an den Rädern an und fuhr wieder weiter.
Und trotzdem kam keine Panik auf, solch ein tansanisches Luxusauto kann einfach keine Probleme machen. Man könnte meinen, Männergemeinschaften in Tansania haben eine größere Affinität zu ihren Autos. Einfach tiptop der Fuhrpark in Peramiho im Vergleich mit den Klapperkisten in Mbinga. Statussymbole gibt’s in Mbinga keine!
Eine Werkstatt unterwegs aufsuchen, ist fahrlässig. Meist fehlen hinterher wichtige Teile bzw. wird neu gegen alt getauscht. Oft ist das, was defekt ist, repariert und dafür etwas anderes kaputt. Aber wir hatten ausreichend Schutzengel und haben die lange Etappe gut hinter uns gebracht.
Zurück in Dar es Salaam

Wieder einmal gut in Dar angekommen. Manches wird zwischenzeitlich zur Routine bei den Reisen. Wie selbstverständlich versuche ich den Zöllner von der Bedeutung der vielen Medikamente zu überzeugen, die in meinem Koffer sind. Scheinbar nimmt er mir die naive Nonne nicht ab, die nicht wusste, dass sie weitere Papiere für die Medikamente braucht. Erst die geschenkte Salbe, die er für die Behandlung von Verbrennungen seiner eigenen Enkel nutzen kann, überzeugt ihn.
Immer die gleichen Fragen nach der Moral. Ist das nun schon Bestechung? Auch dann, wenn ich an die vielen Wundverbaende von Sr. Avelina denke, an die Patienten mit ihrer durch HIV , Mangelernaehrung oder Syphilis geschwächten Immunabwehr und ihren infizierten Wunden….
Tja, wir sind also wieder eingetaucht in die andere Welt. Und trotz aller, Routine ist so vieles fremd.
Und es verändert sich so schnell. Auf dem Weg vom Flughafen nach Kurasini habe ich heute das erste Mal einen kleinen Trupp Radfahrer gesehen. Rennradfahrer! Mit Fahrradhelmen und Radlerhosen und einem Trikot mit Nummer … Bisher waren Fahrräder einfach nur ein wichtiges Transportmittel… Nun wird es ein Sportgeraet und das Radfahren eine Freizeitgestaltung. Eigentlich ein klares Zeichen, dass eine Mittelschicht entsteht. Spannend, diese Entwicklung zu verfolgen.
Aber nicht deshalb sind wir hier, sondern um uns um einige Projekte intensiver zu beschäftigen. Zum Beispiel besprachen wir heute auf der Terrasse die nächsten Schritte für das Gästehaus in Ruhuwiko. Morgen geht es dann weiter Richtung Südwesten. Wie immer ganz früh!!!