Einmal durchgeschüttelt

Irgendwie war der Weg nach Mkenda gestern besonders lang. Ist er natürlich immer. An der Abzweigung an der Asphaltstraße steht auf dem Schild, dass es zur Grenze nach Mosambik 120 km sind. Mkenda liegt kurz vor der Grenze. Sieben oder acht Kilomenter sind es zum Ruvumafluss. Dort verläuft die Grenze. Das bedeutete fast 120 km rough road, Sandpiste. Dreieinhalb Stunden Zeit, um durchgeschüttelt zu werden. Hin und zurück.
Man fährt stundenland durch dünn besiedeltes Gebiet. Außer der Piste und der Stromleitung scheint die Gegend von Infrastrukturprojekten der Regierung vergessen worden zu sein. Ab und zu gibt es eine renovierungsbedürftige Primary School mit zerbrochenen Fenstern und löchrigen Dächern. Immer wieder auf den Grasdächern der kleinen Häuser ein Solarpanel. Und überall Kinder. Und auch da sind die Geschlechterzuschreibungen klar zu erkennen. Die Jungs spielen Fußball. Denn Fußballplätze sind immer zu sehen. Die Mädchen treffen sich zum Quatschen an Brunnen. Große Eimer oder Kanister auf dem Kopf, um den Wasserbedarf für die ganze Familie nach Hause zu tragen.
Und dann tauchen plötzlich große, neue Gebäude auf. Es ist wie ein kleines Wunder. Die Primary School mit dem Internat, das Schwesternhaus, die Maismühle und man sieht die Berge frisch gebrannter Ziegel für die Dispensary. Endlich wird an der Dispensary gebaut. Auch wenn wir ziemlich Druck wegen eines zweiten Internatgebäudes für die Jungs haben. Wenn wir nicht bald Geldgeber*innen finden, wird ab dem neuen Jahr eine Klasse draußen unterrichtet werden müssen. Doch irgendwie wird sich eine Lösung finden. Denn dass Bildung an diesem Ort ein zentrales Thema ist, wird jedem Menschen klar, der sich 120 km lang durchschütteln lässt…
Übers Wetter kann man immer reden…

… auch in Tansania. Nachdem man die Höflichkeitsformeln ausgetauscht hat, kommt meist eine Aussage zum Wetter. Und das heißt, dass wir seit wir hier sind, ausgiebig über die Kälte jammern dürfen.
Normalerweise endet die kalte Jahreszeit im Anfang bis Mitte August. Doch nun stehen wir morgens nach wie vor bei unter 10 Grad auf und da es an vielen Tagen zumindest bis zum Nachmittag bedeckt ist, wird es oft auch nicht richtig warm. Vor allem reicht es nicht für ausreichend warmes Wasser. Wir spotten ein wenig über unser Gejammer und trösten uns, in dem wir sagen, dass wir für den Winter und die drohende Gasknappheit in Deutschland trainieren, aber eigentlich wissen wir, dass wir auf hohem Niveau jammern.
Auswirkungen haben diese Temperaturen natürlich auf die Ernte. Die Kaffeesträucher her in Mbinga hängen voll mit Früchten, aber nun brauchen sie dringend Sonne, sonst trocknen sie aus, bevor sie reif sind. Die Maisernte fiel schon schlecht aus, weil der Regen zu spät und zu knapp kam. Wenn es nun noch zu Problemen bei der Kaffeeernte kommt, bei gleichzeitigen Preissteigerungen und der Inflation wird es wirklich schwierig.
Gerade waren wir Seife kaufen und ich war wirklich geschockt. Seife ist zu einem prima Gastgeschenk geworden, weil sie zu einem knappen Gut wird, dass man sich kaum leisten kann.
Anschieben?

Anschieben? Vielleicht ist das, dass passende Bild zu den letzten zwei Tagen. Denn laut Aussage von Sr. Janeth könnte der Bau des Krankenhauses in Kihaha bis zum Jahresende vorläufig abgeschlossen werden.
Jetzt geht wird es höchste Zeit, die Finanzierung der Ausstattung zu organisieren und dann die Ausstattung zu beschaffen. Daran haben wir gemeinsam gearbeitet.
Und gleichzeitig auch über den Aufbau möglicher Facharztsstrukturen diskutiert und erste Pläne entwickelt. Insgesamt eine sehr hoffnungsvolle Arbeit.
Safeguarding

Bei vielen Vorhaben hat uns die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht u.a. beim Thema Kinderschutz und Prävention sexualisierter Gewalt. Umso schöner ist es, wenn wir jetzt den Faden wieder aufnehmen können.
Mitten im zweiten Pandemiewinter sind Sr. Ahadi und Sr. Doris Upendo unter echt schwierigen Umständen und Quarantäneregelungen nach Rom zu einem Diplomstudiemgang zum Thema Safeguarding und Child Protection.
Inzwischen haben sie schon in den Einrichtungen, in denen sie arbeiten Mitarbeitende geschult. Und gestern haben wir nun gemeinsam ein Gesamtkonzept für die ganze Gemeinschaft ausgearbeitet.
Es ist sehr beeindruckend, wie umfassend und klar sie die Problematik analysieren und angehen wollen.
Allerdings werden sie für dieses Vorhaben viele Unterstützer*innen brauchen. Denn meistens macht man sich mit den Themen nicht nur Freund*innen. Vor allem, wenn verschiedene Handlungsfelder, auch die internen angeschaut werden, wenn es um kirchliche und familiäre Strukturen geht.
Gott sei Dank gibt es inzwischen so viele Möglichkeiten zur Vernetzung. Hoffentlich hilft es ihnen und uns.
Ein ganz entspanntes Wochenende
in Dar es Salaam. Zeit, um die Workshops zu reflektieren, Ergebnisse zusammen zu fassen, die nächste Schritte zu planen. Dann war auch schon Abschied angesagt. Sandra und Tin machten sich auf den Weg zurück nach Deutschland. Und den Sonntag konnten wir nutzen für klassisches Touristenprogramm. Ein Eis am Meer und einen Smoothie am Slipway, samt Shoppingtour.
Vor allem aber war es noch ein wenig Zeit für die frisch angekommenen Weltwärts-Freiwilligen Anna und Katharina, das Land kennen zu lernen, die erworbenen Sprachkenntnisse auszuprobieren und sich einzugewöhnen. Die erste Bajajifahrt stand auch auf dem Programm. Und dass dann auch gleich ein wenig überfüllt, wie auf dem Bild zu sehen ist.

Das Leben hinter den Zahlen…

Die vergangenen Tage waren voll mit Besuchen vor Ort, um mit den Schwestern an den Businessplänen, Projektvorschlägen und Buchhaltungen zu arbeiten.
Immer wieder spannend, wie Zahlen Leben und Alltag abbilden können oder genau das verhindern können. Wir trafen auf Buchhalterinnen, die “ihr Geschäft” im Griff haben. Wir saßen in Einrichtungen, in denen Einkünfte sofort für neue Anschaffungen von medizinischen Geräten verwendet werden und dann die Schulden nicht bezahlt werden können. Im Waisenhaus St. Katharina konnten wir endlich den Bedarf an Pampers klären und überlegen, wie wir langfristig mit den “großen Kindern” umgehen, die in den Ferien immer aus dem Internat nach St. Katharina zurück kommen.
Und überall treffen wir auf Preissteigerung, die alle vor große Herausforderungen stellen.
Faire Eier und faire Avocado
Sr. Fides macht mit drei weiteren Schwestern gerade ein längeres Seminar zur Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Jetzt sind sie am Ende dieser Ausbildung und haben den Auftrag, ein landwirtschaftliches Projekt umzusetzen.
Eine gute Gelegenheit, um exemplarisch diese Projekte mit einem Businessplan vorzubereiten.
Am Ende des Buchhaltungsworkshops weiß Sr. Fides nun, wie viele Avocadobäume gepflanzt werden müssen, um in fünf Jahren einen Ertrag zu haben, der den Einsatz entlohnt. Denn Avocadopflänzchen brauchen gerade im ersten Jahr viel Pflege.
Sr. Bona dagegen überlegt, wie sie ihre Hühnerzucht auf nachhaltige Art und Weise umstellen kann. Hier geht es darum, dass der Stall nicht nur vergrößert werden muss und zwar inklusive Fenster und das Aussengelände eine vernünftige Mauer braucht. Sondern dass sie anstehende Reparaturen gleich mitberechnet und plant.
Zwei kleine Beispiele.
Heute geht es weiter. Vermutlich mit schwierigeren Themen.

In Zeiten der Verunsicherung
Große Veränderungen bringen Verunsicherung mit sich und immer ist die Frage, wie viel Raum geben wir der Verunsicherung. Alte Weisheit der OrganisationsentwicklerInnen.
So sitzen wir nun in verschiedenen Gruppen zusammen, versuchen den Bedarf, die Sorgen und Ängste, aber auch die Hoffnungen herauszuhören und gemeinsam Klarheit und damit auch Sicherheit zu schaffen.
Das fordert von uns allen ein aufmerksames Hinhören. In der gestrigen Gruppe zum Beispiel waren die Nöte und Herausforderungen ganz versteckt zwischen unendlich vielen Dankesworten. Fast wäre es überhört worden. Doch dann zeigte sich plötzlich ganz große Sorgen und Verunsicherung, dass die Schwestern die Arbeit in den vinzentinischen Institutionen ohne Unterstützung nicht schaffen. Auch dann wenn sie ganz hart arbeiten.
Klar, auch in Deutschland sind caritative Aufgaben ohne Subventionierung durch Steuermittel, Kassenbeiträgen oder Spenden oft nicht zu bewältigen. Das gilt natürlich auch für hier. Deshalb werden diese Projekte auch in Zukunft über Spendenmittel und natürlich die Stiftung Licht und Hoffnung gefördert.
Irgendwie muss diese Information immer wiederholt werden. Vielleicht sind die Ängste doch so groß, dass sie die Information aus dem Bewusstsein verdrängen. Wiederholen, Zuversicht geben, für Fragen offen sein… das ist wohl jetzt die Hauptaufgabe.
Und dann ist es gut, wenn es bald Realität wird. Und die Provinz als neue Struktur lebendig werden kann.

Begegnungen
Nach zweieinhalb Jahren Pandemie wird wieder gereist. Die Reisegruppen geben sich in den Gästehäusern die Klinke in die Hand. Überall, wo wir hinkommen, treffen wir Menschen, die wir von früheren Aufenthalten kennen, mit denen wir ein gemeinsames Projekt unterstützt haben, ehemalige Freiwillige oder einfach FreundInnen und Bekannte. Total schön.
Ganz schnell sind wir in Gespräche verwickelt und es geht um Tansania – und dann auch wieder um Deutschland. Jedes Gespräch wird irgendwie zum Suchen nach Antworten und vor allem Orientierung.
Alle Einheimischen erzählen uns, wie glücklich sie sind, denn Reisenden bringen Segen und – nicht zu vergessen – Geld!
Und das ist wirklich wichtig. Denn auch hier haut die Inflation richtig rein. Dazu werden wir in den nächsten Tagen sicher noch mehr hören. Heute starten wir erst mal mit einem Meeting zur aktuellen Situation mit dem Regionalrat, der dann bald zum Provinzrat wird.

Vorbereitungen
Alles gar nicht so ohne, wenn kirchenrechtliche Veränderungen anstehen. Gott sei Dank, stehen so große Veränderungen aber selten an.
Nach vielen, vielen Jahren ist es nun soweit und die Schwesternkonvente in Tansania, die schon seit vielen Jahren zu einer sogenannten “Region” zusammen gefasst sind, werden nun Anfang September zu einer “Provinz” erhoben.
Dazu müssen verschiedene Kriterien erfüllt werden. Zum Beispiel muss die Gruppe von Schwestern selbständig die Ausbildung der jüngeren Schwestern verantworten, sie müssen die vorgegebenen Leitungsämter besetzen und eigenständig für ihren Lebensunterhalt und die Versorgung der älteren und kranken Mitschwestern sorgen können.
Für diesen Schritt haben wir in einem langwierigen Prozess unsere Konstitutionen verändert und sind nun dabei die Leitungs-, Verwaltungs- und Finanzstrukturen neu zu gestalten oder manchmal auch nur anzupassen.
Anfang September wird dann der Meilenstein gefeiert. Doch bis dahin gibt es noch einiges zu tun.
Im Blog gibt es dazu mal wieder kleinere Einblicke und geteilte Sorgen und Freuden. Viel Spaß dabei
