Firmung in Utiri (Gastautor: Dr. T. Broch)
Sonntag. In der Pfarrei der Maria Immaculata in Utiri, etwa 12 oder 15 km außerhalb von Mbinga gelegen, ist Firmung. Als wir in dem Dorf ankommen, das auf einer kleinen Anhöhe mit weitem Ausblick liegt, werden wir von Fr. Lukas empfangen. Er ist hier Gemeindepfarrer, allerdings nur zu 30 Prozent, wie er erzählt; mit dem übrigen Teil seiner Arbeitszeit ist er Lehrer an einer Berufsschule in Mbinga. Außerdem organisiert er auf tansanischer Seite eine Kaffee-Kooperative, die den Kleinbauern der Gegend zu etwas Einkommen verhilft. Gemeinsam mit der Diözese Würzburg ist dafür eine GmbH gegründet worden.
Bis zum Beginn des Gottesdienstes, der auf 10 Uhr angesetzt ist, ist noch Zeit. Der Generalvikar der Diözese, der zur Firmung gekommen ist, hält mit den Kindern noch ausführlich Katechese. Aus der Kirche klingen seine über den Lautsprecher übertragene Stimme und die chorischen Antworten der Kinder. Das könne noch eine Weile so gehen, meint Fr. Lukas. Aber denn läuten doch die Glocken, die an einem Stahlgerüst neben der Kirche angebracht sind; die Menschen strömen in die Kirche, und um kurz vor elf Uhr beginnt der Gottesdienst.
Über 100 Mädchen und Jungen im Alter von 12 oder 13 Jahren werden heute gefirmt. Sie haben sich für das Fest herausgeputzt – die Mädchen zum Teil in weißen Rüschenkleidern oder in Glitzerstoffen wie Prinzessinnen, die Jungen in Anzügen, die ihnen noch etwas zu groß sind oder in ersichtlich neuen Hemden und dunklen Hosen, an denen rasch der rote Staub haften bleibt. Die meisten Mädchen tragen modische Schuhe mit hohen Blockabsätzen, in denen ihnen das Gehen ziemlich schwer fällt. Sie sind es halt gewohnt, barfuß zu gehen – und dies sehr elegant.
Dass Ministranten in langen Gewändern, mit Vortragekreuz, Kerzen und Rauchfass die liturgische Prozession zum Einzug anführen, ist man gewohnt; die sechs Mädchen – vielleicht acht oder zehn Jahre alt –, die in gelb-weißen Kleidern vorne weg tanzen, ergeben doch ein ungewöhnliches Bild. Und sie tanzen vor dem Altar den gesamten Gottesdienst über zu den rhythmischen Gesängen mit, die der große gemischte Chor stimmgewaltig anstimmt, begleitet von einer elektronischen Orgel, von Rasseln und Schellen. Und immer wieder mischen sich die Töne einer langstieligen blechernen Trompete, Bamaguru genannt, und eines Büffelhorns in die Klänge ein. Es ist ein aus vollem Herzen kommendes Halleluja.
Die Firmung sei das Sakrament des Glaubens, der Reinheit und des Geistes, predigt der Generalvikar. Und weil ihm die Aufmerksamkeit der Kinder und der Erwachsenen in der brechend vollen Kirche während seiner langen Ausführungen gelegentlich abhanden zu kommen scheint, unterbricht er sie immer wieder einmal mit Fragen an die Kinder oder auch mit einem kleinen Spaß, der die Leute laut lachen lässt.
Zur Firmung knien die Jugendlichen in langen Reihen auf die erste Altarstufe, eine Reihe nach anderen, hinter ihnen jeweils die Firmpatinnen und -paten – die Frauen zumeist in schönen, farbenfrohen Kangas. Der Generalvikar geht entlang, salbt die Firmlinge mit Chrisam und legt ihnen die Hand auf, nachdem Fr. Lukas jeweils den Namen des Mädchens oder des Jungen von einem Zettel vorgelesen hat, den diese in der Hand halten.
Zur Gabenbereitung folgen mehrere Gabenprozessionen auf einander, in denen die Gemeindemitglieder vor den Altar treten etwas Geld für unterschiedliche Anliegen in einen Korb legen. Der Gottesdienst nimmt seinen Gang, trotz der fremden Sprache auch für uns nachvollziehbar, weil die katholische Liturgie weltweit gemeinsam ist. Die Menschen wirken sehr andächtig, die Kinder aufmerksam. Manchmal macht sich ein Säugling ungeduldig bemerkbar, so lange, bis ihn die Mama stillt oder die Oma übernimmt und beruhigt. Es dauert sehr lange, mit den vielen langen und schönen Liedern, mit den Vermeldungen am Schluss, die immer wieder mit Beifall bedacht werden. Überhaupt gibt es viel herzlichen Beifall – nach der Predigt, nach einem besonders schönen Lied, bei der Vorstellung der deutschen Gäste durch Fr. Lukas, beim Dank an den Generalvikar, für den am Schluss des Gottesdienstes ebenfalls noch einmal eine Gabenprozession stattfindet, bei der der mit den Spenden Bedachte jeder und jedem Einzelnen die Hand gibt und sich bedankt. Eine schöne Geste.
Es ist inzwischen kurz vor zwei Uhr nachmittags, als wir mit den beiden Priestern an der Landwirtschaft des Pfarrhofs vorbei zum Gemeindesaal gehen, wo wir Gäste und die beiden Geistlichen auf erhöhten Ehrenplätzen bewirtet werden, während die ebenfalls hinzugekommenen Mitglieder des Pfarrgemeinderats vor uns in Stuhlreihen ihre Mahlzeit zu sich nehmen. Vor Beginn einer Sitzung mit dem Generalvikar, die sich an das Mittagessen anschließt, verabschieden wir uns von diesen herzlichen und gastfreundlichen Menschen. Fr. Lukas, der uns zum Auto begleitet, erläutert nicht ohne Stolz, dass er das Kirchenschiff jüngst auf fast das Doppelte erweitert hat – innen ist noch das unverputzte Mauerwerk zu sehen –, weil die Kirche viel zu klein geworden und jetzt sonntags immer noch randvoll sei. Zwei Glocken konnte er auf komplizierten Umwegen aus Würzburg hierher bringen lassen, die jetzt zum Gottesdienst einladen. Einen Kindergarten hat er gebaut, und jetzt folgt eine Schule für die Kinder des Dorfes. Vieles davon hat er privat bezahlt.
Er scheint ein Seelsorger in einem umfassenden und ganzheitlichen Sinne zu sein für die etwa 4.000 Mitglieder seiner – wie er sagt – kleinen Gemeinde, zu der neben Utiri selbst noch einige Dörfer in einem Umkreis von vier oder fünf Kilometern gehören.
Mit guten Eindrücken fahren wir wieder nach Mbinga zurück.
Lebensfreude und Sorgen (Gastautor: Dr. T. Broch)
Heute ist Ausflugstag – nicht, wie ursprünglich vorgesehen, nach Litembo, sondern Richtung Osten nach Lipilipili und von dort weiter nach Mpepai. Die Straße führt, kaum, wir dass wir Mbinga verlassen haben, ins Bergland hinein, immer wieder an einsamen kleinen Anwesen vorbei, manchmal durch kleine Ortschaften, wo Kinder, Frauen und Männer neugierig unserem Fahrzeug nachschauen. Die Straßen sind kaum mehr als solche zu bezeichnen, sondern sind ausgefahrene, zum Teil tief ausgefurchte schmale Wege, mit steilen Auf- und Abstiegen und engen Kurven und Holzbohlenbrücken über kleinen Wasserläufen; immer wieder müssen sich die Räder das Landrover durch den tiefen roten Sand mahlen. Hohe Erd- und Steinhaufen am Straßenrand werden slalomartig umfahren; mit ihnen sollen die von der Regenzeit stark ramponierten Fahrbahnen wieder ausgebessert werden. Der rote Staub dringt durch alle Ritzen. Manchmal dehnt sich links und rechts der Straße Buschland aus, manchmal kleine Wälder, manchmal bebaute Felder oder kleine Bananenplantagen. Es ist ein grünes, fruchtbares, wasserreiches Land.
Hier, etwa 30 km oder bei diesen Straßenverhältnissen eine gute Fahrstunde von Mbinga entfernt, liegt Lipilipili, die Farm des Klosters. Schon von weitem ist das auf einer Anhöhe gelegene Gebäudeensemble vor der Bergkulisse im Hintergrund sichtbar. Lange Zeit waren diese Siedlung und die dazu gehörigen Ländereien der einzige Grundbesitz des Ordens. Aufgebaut wurde die Farm von einem deutschen Entwicklungshelfer, der heute als Br. Thomas Morus bei den Missionsbenediktinern lebt.
Wir biegen von der Straße auf einen kleinen Fahrweg durch den Wald ein und werden auf einer Lichtung von einer Gruppe junger Frauen und zwei Schwestern empfangen, die mit Jubel und Gesang die letzten vier- oder fünfhundert Meter bis zur Farm vor uns hertanzen. Es sind die Mädchen und jungen Frauen, die sich hier auf das Leben im Orden vorbereiten. Sr. Lamberta ist für ihre Ausbildung zuständig; gemeinsam mit 11 weiteren Schwestern lebt sie hier, und mit den Schwestern die so genannten Aspirantinnen, 13 von ihnen sind heute hier, sieben Kandidatinnen im zweiten Jahr – die Kandidatinnen des ersten Jahrgangs sind außerhalb an verschiedenen Orten eingesetzt – und fünf Postulantinnen. Außerdem ist hier noch Gracy, ein Mädchen von vielleicht zwei Jahren, deren allein erziehende Mutter gehörlos ist; sie wächst hier einfach als jüngstes der Mädchen mit auf, und sie scheint sich gut dabei zu entwickeln. Sechs Vorbereitungsjahre müssen die jungen Frauen absolvieren, bevor sie ins Noviziat, die letzte Vorbereitungszeit, eintreten. Allerdings kommen die Mädchen fast noch als Kinder hierher, und die lange Zeit der Orientierung ist durchaus sinnvoll.
Hier also werden wir herzlich empfangen, auch von Sr. Vincent Karama, die als erste tansanische Schwester in den Orden eingetreten und heute 73 Jahre alt ist. Zwischen einer ersten Mahlzeit zum Empfang und einer zweiten Mahlzeit zum Abschied – beide reichlich – führt uns Sr. Lamberta durch die Häuser, in denen die Mädchen und jungen Frauen mit ihrer jeweiligen Gruppe zusammen leben, durch die Unterrichts- und Gemeinschaftsräume. Es sind einfache Räume, aber angesichts der Lebensbedingungen der Familien, aus denen sie kommen, sicherlich ein wohnliches Lebensumfeld. Dass der Speisesaal der Aspirantinnen viel zu klein ist, ist wohl ein schon lange bekannte Problem und wird auch bei diesem Besuch thematisiert …
Der weitere Rundgang führt durch die Landwirtschaft. Sr. Zita, die in Mbinga Hausoberin und zugleich Leiterin der Farm ist – sie begleitet uns auf der Fahrt –, hat diese in den letzten Jahren wieder zu einem gewissen wirtschaftlichen Erfolg geführt. Von hier aus wird die gesamte Gemeinschaft mit Nahrungsmitteln versorgt; was über den Bedarf hinaus produziert wird, wird verkauft und dient dem Einkommen. Viel ist dies allerdings derzeit noch nicht; lediglich von der Maisernte kann die Hälfte auf den Markt gebracht werden, um den Erlös wiederum in Dieselöl für die Fahrzeuge und in Dünger für die Felder und Äcker zu investieren.
Wir gehen durch das weitläufige Areal, vorbei am Gemüsegarten und den Äckern, den Bananen- und Papayabäumen, schauen in die Kuh-, Schweine-, Hühner- und Hasenställe, lassen uns die Keller und Lagerräume für Bohnen, Sonnenblumenkerne, Mais zeigen … Und werden auch zu den beiden Dieselgeneratoren geführt, deren einer seit zehn, der andere seit drei Jahren nicht mehr funktioniert. Vielleicht können die Handwerker aus Mbinga sie reparieren. Eine Neuinvestition in diese Technik erscheint nicht mehr als sinnvoll, zumal der Orden ein Wasserkraftprojekt in der Nähe plant. Und für technische Geräte wie etwa die Kühlschränke ist Solarenergie allemal sinnvoller als Dieselgeneratoren. Vieles ist ein Lernprozess …
Wir fahren weiter, nehmen Sr. Vincentia mit, die derzeit hier ihren Urlaub verbringt und ansonsten Psychologie studiert, laden Sr. Zita an einem Feld ab, wo sie den restlichen Tag über arbeiten will, und setzen den Weg Richtung Mpepai fort, vielleicht eine Viertelstunde von hier.
Mpepai ist ein Dispensary, eine Krankenstation. Geleitet wird sie von Sr. Yasintha, die gemeinsam mit vier weiteren Schwestern hier lebt und arbeitet. Sie ist Clinic Medical Officer und aufgrund ihrer Zusatzausbildung auch Assistent Medical Officer mit weiter reichenden medizinischen Kompetenzen. Die Schwestern halten die Präsenz der Kirche in diesem Dorf aufrecht, nachdem der Ortspfarrer nach einem völlig aus dem Ruder gelaufenen Konflikt mit der Gemeinde das Weite gesucht hat. Und sie stehen für die Verlässlichkeit der Kirche. Allerdings mit erheblichen Sorgen. Zwar sind sie nicht von den Versetzungsplänen der Regierung bedroht, weil ihre Gehälter aus einem so genannten Basquet-Fonds stammen, aber sie werden anderweitig durch regierungsamtliche Maßnahmen bedrängt. Das Dispensary soll zu einem Health Centre aufgewertet werden, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass hier jeden Monat etwa 60 Entbindungen vorgenommen werden, die künftig nur den Health Centres vorbehalten sind. Dafür aber müssen die Schwestern ein neues Gebäude für ihre Aids-Station bauen, das über die bisherigen Funktionalitäten hinaus mehr Platz für Beratung, Untersuchung, stationäre Aufnahme, Isolierung der TBC-Kranken u. a. vorhält. Rund 400 Aids-Patienten werden hier versorgt. Die organisatorischen Rahmenbedingungen sind für uns, einschließlich der Experten, nicht völlig durchschaubar. 25 Millionen Tansanische Schillinge, das sind ca. 12.000 Euro hat der Staat für den Neubau in Aussicht gestellt, allerdings unter der Bedingung, dass die Schwestern schon einmal mit dem Bau beginnen – und die zugesagte Summe schrumpft zusehends. Außerdem wird ihnen die Bedingung gestellt, dass sie bis September mit dem Bau eines OP beginnen, in dem wohl vornehmlich Kaiserschnitte durchgeführt werden sollen. Dafür stellt der Staat lediglich die Ausstattung mit Medizintechnik in Aussicht. Wenn der OP allerdings nicht gebaut werde, werde die Einrichtung ganz geschlossen, berichtet Sr. Yasintha, die immer wieder mit den Tränen kämpft. Sie kämpft aber auch mit der Schwierigkeit dieser Umstände. So hat sie, um den Baubeginn öffentlich sichtbar zu machen, schon einmal große Mengen Ziegelsteine heranschaffen lassen. Es ist ihr auch gelungen, von der Bevölkerung Spenden für den Erhalt der Einrichtung zu erhalten. Es sind kleine Beträge, die die armen Leute hier beisteuern können. Aber sie zeigen höchst eindrucksvoll die Solidarität der Menschen mit den Schwestern und ihrem Dienst, den die Kranken von weither in Anspruch nehmen.
Die Einrichtung gehört der Diözese Mbinga. Welche Unterstützung ist vom Bischof zu erwarten?
Trotz aller Sorgen: Auch hier werden wir mit einem gastlichen Mahl und mit dem temperamentvollen Tanz einer vierköpfigen Kindergruppe verabschiedet. Die Lebensfreude ist nicht zu beeinträchtigen. Beschenkt mit Kangas, einem Huhn und einem Hahn brechen wir zur Heimfahrt in traumhaft schönem Abendlicht und in die beginnende Dunkelheit hinein auf.
Ein Tag mit Alltagsimpressionen und Kontrasterlebnissen (Gastautor: Dr. T. Broch)
Der Vormittag ist dem Einkaufen gewidmet – zu Fuß geht es durch die Hauptgeschäftsstraßen und die Nebengassen von Mbinga und nach einem Cappuccino in einem Café mit W-WLAN-Zugang über den alten Markt. Im Café sind Sr. Anna-Luisa und Sr. Damiana dazu gestoßen. Sie haben zuvor die Koffer mit Geschenken und Bedarfsartikeln aus Untermarchtal ausgepackt, die zwischenzeitlich mit dem Bus aus Dar es Salaam nachgekommen sind, und unter den Schwestern verteilt. Die Stadt gleicht einem Rausch von Farben, pittoresken Szenen und Geräuschen. Leider sehen es die Menschen nicht gerne, wenn sie fotografiert werden, und ein Foto ihrer Marktstände ist auch nicht „for free“ zu haben. So ist die Ausbeute an Bildern gering. Schade. Die Ausbeute der Shopping-Tour dagegen ist zufriedenstellend: farbschöne Kangas, die Harald Geißler und Thomas Broch für zuhause erstanden haben, eine Wassermelone und viele Dosen Instant-Kaffee (Mbinga-Kaffee und Africa-Kaffee), die Sr. Anna-Luisa und Sr. Damiana auf Bestellung ins Kloster mitbringen.
Beim Mittagessen kommt man auf Sorgen zu sprechen. Zu den Maßnahmen der neuen Regierung unter Präsident John Pope Magufuli gehört es u. a., dass er das examinierte medizinische Personal, das bei der Regierung angestellt ist, von den bisherigen Einsatzstellen weg- und an andere Orte versetzt. Über die Gründe mag kann man nur mutmaßen: Vielleicht benötigt er für den Aufbau neuer Gesundheitszentren erfahrenes Personal, vielleicht will er auch alte Seilschaften aufbrechen; oder beides. Das bedeutet auch für die Krankenschwestern in der Kongregation, dass sie nicht wissen, wohin sie kommen werden bzw. dass ihnen bevorsteht, an irgendeinen Einsatzort versetzt zu werden, wo es keinen Konvent für sie gibt und auch anderweitig sehr ungünstige Arbeits- und Lebensbedingungen für sie bestehen. Eine Schwester, die davon betroffen ist, hat angekündigt, dann werde sie vorzeitig in Rente gehen – ihr staatliches Gehalt wird dann allerdings der Gemeinschaft fehlen, die auf diese Einkünfte angewiesen ist. Ein anderes Problem sind die rechtlichen Regelungen für den Landbesitz. Grundsätzlich sind Grund- und Boden Eigentum des Staates, der es jeweils auf 99 Jahre verpachtet. Das bedeutet für ausländische Investoren eine große Unsicherheit, freilich auch für die Vinzentinerinnen, die zum Einen die von ihnen bewirtschafteten Ländereien und Immobilien nicht ihrem Stammkapital zurechnen können, wie es das Kirchenrecht vorschreibt, und die zum Anderen auch damit rechnen müssen, dass ihnen der Staat ihr Eigentum wieder aberkennt. An der Politik des neuen Präsidenten scheiden sich die Geister – auch im Gespräch am Mittagstisch. Man traut ihm zu, dass er Korruption und Machtmissbrauch wirksam bekämpft und die desolate wirtschaftliche Situation des Landes wieder nach vorne bringt; andererseits sieht auch manches nach Symbolpolitik ohne nachhaltig wirksame Verbesserungen aus. Man wird sehen müssen, wie der Präsident künftig die Politik und die sozialen Verhältnisse gestaltet – falls man ihm dazu Gelegenheit lässt …
Der Nachmittag gilt einem Besuch auf der Baustelle der neuen Klinik des Ordens im Stadtteil Kihaha. Sr. Maria Agnes, das Technik-Genie der Gemeinschaft, sitzt am Steuer des Landrovers und lenkt ihn gekonnt über verwinkelte Straßen und durchfurchte Staubwege, die einen Gegensatz darstellen zu den vielen neuen Häusern auf den ehemaligen Maisfeldern zur Linken und zur Rechen, deren Baustil mit Portiko vor den Eingängen ihre Besitzer als wohlhabend ausweist.
Inzwischen ist die Sonne herausgekommen und bescheint ein Ensemble von Rohbau-Häusern, das schon jetzt verspricht, sehr schön zu werden. Um einen weiten freien Platz, der nach einer Seite hin zu zwei Dritteln offen ist, gruppieren sich die Flügel der künftigen Klinik des Ordens, die für die gesamte Bevölkerung der nach diesem Stadtteil hin expandieren Stadt Mbinga zur Verfügung stehen wird (also nicht nur für die Reichen, wie man angesichts der Neubauten in der Umgebung unterstellen könnte; aber das Feld, auf dem Klinik entsteht, gehörte den Schwestern bereits, als weit und breit noch keine neuen Häuser zu sehen waren; und auch die Pläne gibt es schon länger). Krankenzimmer, medizinische Fachabteilungen, Ambulanz, Labor, Verwaltung – das Raumangebot sieht gut bemessen aus und ist auch durch weitere Bauten erweiterungsfähig; Platz ist genug dafür da. Aber jetzt muss zuerst einmal dieser Bauabschnitt fertig und der Klinikbetrieb darin aufgenommen werden, bevor an weitere Investitionen gedacht werden kann. Gelobt wird die Qualität der Bauausführung. Die offenen Arkadengänge zum zentralen Platz hin geben dem Ganzen ein großzügiges Ambiente. Man kann sich gut vorstellen und sich darauf freuen, wie lebendig es hier einmal zugehen wird.
Zurück im Kloster, geht es noch einmal zu Fuß Richtung Innenstadt – ins Haus San Lazaro, in dem die Schwestern arme Menschen wohnen lassen. Hier erleben wir den Kontrast zu den Neubauten in Kihaha. Im Innenhof werden wir von einer jungen Frau empfangen, die gemeinsam mit ihren drei kleinen Kindern hier lebt; ihr Mann, so erfahren wir, ist an Krebs gestorben, sie selbst hat im vergangenen Jahr einen Ileus überstanden, es gehe ihr noch nicht wirklich gut, sagt sie. Sie begrüßt uns herzlich und freut sich offensichtlich über den überraschenden und unangemeldeten Besuch. Auch die Kinder fassen rasch Vertrauen zu uns Fremden. Der Älteste unter den drei Geschwistern – der Junge mag vielleicht sieben oder acht Jahre alt sein – repariert sorgsam ein einfaches, selbst gebasteltes Spielzeugauto; die beiden Kleinen, vielleicht zwei und drei Jahre alt, schauen ihm interessiert zu. Die Fotos, die Thomas Broch von ihnen macht und ihnen auf dem Display der Kamera zeigt, lösen Heiterkeit aus. Wie die meisten Kinder, die wir hier sehen, spielen sie selbstvergessen und zufrieden. Aber sie sehen nicht gut aus. Nicht nur der Schmutz, auch Ekzeme auf der Kopfhaut zeigen an, unter welchen Bedingungen sie leben. Dass die Kleinen den Kindergarten und der Große die Schule besuchen können, dafür fehlt allem nach das Geld.
Als wir aufgebrochen waren, sind wir bereits an zwei Chören im Gemeindehaus der Pfarrei und in einem offenen Nebengebäude vorbei gekommen, die unbeeindruckt von der gegenseitigen Konkurrenz geübt haben. Auf dem Rückweg beherrscht eine Versammlung der Charismatiker auf dem Platz neben der Pfarrkirche lautstark die Szene – vor allem durch das Geschrei von zwei Predigern, die eigentlich eher Einpeitscher sind, und die chorischen Antworten ihrer Zuhörer. Aber in einem Winkel des Pfarrgartens, der durch eine Mauer abgeschirmt wird, übt auch der Kirchenchor – und das hört sich wirklich schön an; die Sängerinnen und Sänger sind mit dem in Afrika üblichen stimmgewaltigen Temperament bei der Sache und freuen sich über den Beifall ihrer unerwarteten Zuhörer.
Orte der Hoffnung (Gastautor: Dr. T. Broch)
Der morgendliche Rundgang von Sr. Anna-Luisa, Sr. Damiana, Harald Geißler und Thomas Broch führt zunächst einmal am Pfarrhaus des Spirituals zur Linken, mit einem wunderschön angelegten Garten, und an der Kirche St. Alois und dem dazu gehörigen Pfarrhaus zur Rechten vorbei. Hier hatten die Benediktiner die erste Kirche gebaut, damals auch Bischofskirche, und mit der Pastoral in Mbinga begonnen. Das Pfarrhaus, so erfahren wir, wird heute vom Generalvikar der Diözese Mbinga bewohnt. Auch die Armenküche des Klosters im Haus Bethanien liegt am Weg, wo schon ein paar Männer darauf warten, dass sie geöffnet wird; ebenso das zum Kloster gehörige Kaffeefeld. Unweit davon der Friedhof der Stadt, der sich durch seinen bizarren Baumbestand deutlich von der Umgebung abhebt; davor der kleine Schwesternfriedhof – zwei Gräber sind noch nicht lange belegt, man sieht es an den Stanniol-Girlanden, mit denen sie geschmückt sind. Auch Sr. M. Rainburga ist hier begraben, die Gründerin des Klosters in Mbinga; ebenso Sr. Dr. Gabriele Winter, die Ärztin, die 2012 bei einem Verkehrsunfall ihr Leben verlor. Beide werden im Konvent bis heute hoch verehrt.
Manche der Gräber auf dem Friedhof der Stadt sind verfallen, andere sorgfältig renoviert. Allen gemeinsam ist, dass sie fest verschlossene Gehäuse sind, gemauert oder aus Beton. Es ist die Angst vor den bösen Geistern der Ahnen, die die Nachkommen zu größtmöglicher Sicherheit nötigt.
Das St Vincent Health Centre ist die erste Station, die wir besuchen. Auf dem Hof herrscht großer Andrang: Viele Mütter, sehr wenige von den Vätern begleitet, warten hier geduldig, bis ihre Säuglinge und Kleinkinder gewogen und untersucht werden. Den Kindern ist das Geschehen unheimlich, entsprechend laut ist das Geschrei der Kleinsten, während die Größeren etwas eingeschüchtert wirken.
Drei Ärzte und eine Zahnärztin, eine Ordensschwester, hat das Health Centre, dazu vier weitere Schwestern und anderes medizinisches Personal. Der leitende Arzt – der Medical Officer, dem im Haus zwei Assistent Medical Officers zur Seite stehen – empfängt uns freundlich in seinem Büro. Er ist in Sorge um sein Helath Center, weil der Orden in Kihaha, einem anderen Stadtteil von Mbinga, eine neue Klinik bauen will. Die Stadt wachse beständig, meint er, es bestehe durchaus Bedarf sowohl an einer Klinik mit hohem medizinischem Level als auch an einem Haus der Basisversorgung wie das St Vincent Health Centre. Er wirbt deutlich auch hier für einen Ausbau. Sr. Anna-Luisa stellt allerdings in Frage, dass der Orden beides zugleich finanziell leisten kann … Hocherfreut begrüßt sie Sebastian, einen jungen Mann mit körperlicher Behinderung, der hier im Rollstuhl eine Verwaltungstätigkeit ausüben kann. Schon früh haben die Schwestern ihn gefördert, als er noch im Haus Loreto gelebt hat, einer Einrichtung des Ordens für Kinder und Jugendliche mit Behinderung, die wir am Nachmittag besuchen werden. Auch dem Ordinationsraum der Zahnarzt-Schwester statten wir einen Besuch ab – bereits auf dem Behandlungsstuhl sieht eine Patientin, die offenkundig unter Zahnschmerzen leidet, dem weiteren Geschehen entgegen.
Unmittelbar daneben: das Haus Nazareth, ein weitläufiges Gebäude-Ensemble rund um einen kleinen Park mit schönem Baumbestand. Früher war hier eine staatliche Schule für Erzieherinnen. Vor etwa vier Jahren wurde ein College für Lehrerinnen darin errichtet, erfahren wir. Sr. M. Aurelia, die Leiterin führt uns; sie habe hier in wenigen Jahren Beachtliches aufgebaut, bemerken die deutschen Mitschwestern anerkennend. In zwei Klassenräumen werden wir von den Studentinnen empfangen, etwa 70 sind es in drei Klassen insgesamt. Dass sie fotografiert werden, löst große Heiterkeit aus – dass sie so ausgelassen lachen können, hätte man angesichts ihrer strengen schwarzen College-Uniformen mit weißem Kragen und dem disziplinierten Drill der anfänglichen Begrüßung eigentlich eher nicht erwartet. Ihre Zukunftschancen sind gut: einen Abschluss in der Primary- und der Secondary-School haben sie bereits absolviert, hier erhalten sie eine Hochschulausbildung. Nach zwei Jahren Schulpraxis an öffentlichen Schulen – vergleichbar mit einem Referendariat in Deutschland – können sie als Lehrerinnen angestellt werden. In einem Nebengebäude wird auf offenem Herd in großen Kesseln das Mittagessen gekocht – um 11 Uhr die erste Mahlzeit, die die jungen Frauen zu sich nehmen. Und in einem Schweinekoben am Rand des Areals leben schöne große Borstentiere; eines von ihnen ist bereits als Weihnachtsbraten auserkoren, es weiß davon nur noch nichts.
Noch einmal schauen wir im Haus Katharina vorbei. Die Kinder sind heute eigens dem Kindergarten fern geblieben und sauber angezogen, um die Gäste aus Deutschland begrüßen zu können – was sie auch ausgiebig tun: sie wollen auf den Arm oder auf den Schoß genommen werden, „Hoppe, hoppe Reiter“ spielen, in die Schaukel gesetzt und geschaukelt werden und überhaupt Zuwendung erfahren. Entsprechend fließen die Tränen, als wir wieder gehen. Zuvor haben uns die Schwestern in ihrem Wohnzimmer noch bewirtet, was natürlich dazu führt, dass auch die Kinder mit einem Teller voller Kekse wieder abziehen – mit Ausnahme von Alpha, der nicht von der Seite von Sr. Anna-Luisa weicht, die ihm nach der Geburt das Leben gerettet und seither ein besonders sorgsames Auge auf ihn hat. Sein kleiner Zwillingsbruder ist gestorben. Um ein verstorbenes Zwillingskind trauert man nicht, sagen die Einheimischen, sonst hat das überlebende Kind kein gutes Leben. Wie fremd uns manche kulturellen Traditionen dieses Landes doch sind. Alpha wünschen wir ein gutes Leben, auch wenn der Tod seines kleinen Brüderchens sehr traurig ist.
Der Nachmittag führt uns aus der Stadt hinaus: Sr. Anna-Luisa am Steuer des Landrovers, Sr. Damiana auf dem Vordersitz, Harald Geißler und Thomas Broch auf dem Rücksitz. Nachdem in der Hauptgeschäftsstraße in Mbinga ein reichlicher Vorrat an Süßigkeiten erstanden ist, geht es hinaus aufs Land – irgendwann wird die geteerte Straße verlassen, und der Staub des ausgefurchten Wegs färbt die Landschaft weit nach links und rechts tief rot ein, das Gras, die Bäume, die Häuser, bis der Blick wieder frei wird für die schöne Hügel- und Berglandschaft am Horizont.
Idyllisch schön gelegen ist auch das erste Ziel: Loreto, ein Haus der Vinzentinerinnen für etwa 70 Kinder mit unterschiedlichsten körperlichen Behinderungsbildern, manche leichter, manche schwer. Auch das eine oder andere Kind ohne Behinderung ist darunter, z. B. wenn es zu alt für das Waisenhaus St. Katharina ist und nicht weiß, wo es sonst leben soll. Hier können die Kinder zur Schule gehen, eine Primary-School, die auch von den Kindern der umliegenden Siedlung besucht wird. Sieben Schwestern leben und arbeiten dort. Als erstes begrüßen und bewirten sie uns gastfreundlich, dann führen sie uns über den sonnenbeschienen Innenhof in den großen neu errichteten Versammlungsraum, wo ein großer Teil der Kinder bereits auf uns wartet und uns im Chor begrüßt: Welcome, how are you, thank you for your visit, asante sana … Die Süßigkeiten werden ausgeteilt und tragen zur guten Stimmung bei. Harald Geißler taucht in seine berufliche Vergangenheit als Arzt in Tansania ein, schaut zusammen mit den Schwestern die Behinderungen mehrerer Kinder an, äußert seine Einschätzung, macht sich Notizen – vielleicht lässt sich ja im einen oder anderen Fall Hilfe schaffen. Es wäre den Kindern zu wünschen.
Gemeinsam mit Sr. Gertrud und Sr. Maria Sophia besteigen wir wieder den Landrover – die beiden Schwestern aus Loreto bestehen darauf, die Notsitze im Heck einzunehmen – und steuern über abenteuerliche Wege das nächste Ziel an, die Baustelle für den Neubau von St. Katharina, das Waisenhaus, das in der Stadt aus allen Nähten platzt. Hier steht ein Areal in weiter, offener Landschaft zur Verfügung – weit genug, um später einmal das jetzt entstehende Hauptgebäude durch weitere Wohngebäude zu ergänzen. Der Bau ist bereits weit vorangeschritten: die Bodenplatte aus Beton für den Hauptwohntrakt ist gegossen, die Fundamente der Gebäudeflügel um den typischen freien Innenhof herum sind gelegt. Ziegelsteine, Sand, Wasserleitungs-Rohre stapeln sich in großen Mengen rund um die Baustelle. In der Umgebung der Wellblech-Bauhütte stehen die Männer und halten guten Rat, derweil die Frauen, drei an der Zahl, immer noch große Tonnen mit Sand füllen und die schweren Lasten auf dem Kopf zur Baustelle tragen und dort abladen. Sie tun dies mit Stolz und Würde. Ein Kind, vielleicht zwei Jahre alt, ist auch dabei und scheint die Baustelle mitsamt den herumliegenden Blecheimern durchaus als Spielplatz zu goutieren, während die Mutter Sand schleppt. Man könnte dies als Beispiel für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bezeichnen …
Den Waisenkindern von St. Katharina ist ihr neues Heim von Herzen zu gönnen. Im September 2017 soll es fertig sein, sagen die Schwestern und der Bauleiter voller Überzeugung – und sei es auch nur der Rohbau, es geht voran.
Herzlicher Abschied von Sr. Gertrud und Sr. Maria Sophia, die es vorziehen, den Rückweg nach Loreto mit einem Abendspaziergang zu verbinden, trotz des vielen roten Staubs.
Am Mittagstisch
Ein beliebtes Thema beim Mittagessen ist immer wieder “Ugali”, Hauptnahrungsmittel und Leibspeise vieler Tansanier. Ein Brei, meist aus Maismehl, der meinen Gaumen keine großen Geschmacksexplosionen erleben lässt. Aber Geschmäcker sind bekanntlich ja unterschiedlich.
Gestern bei Tisch ging es dann um die enormen Preissteigerungen für bestimmte Nahrungsmittel. Maismehl, das wirklich in keinem Haushalt in Tansania fehlen darf, ist bald teurer als Reis, eigentlich eher ein Luxusgut, das es zu Festen gibt. Und wenn es so weiter geht, zahlt man für Bohnen bald das Selbe wie für Fleisch. So erzählen die Leute aus der Stadt. Diese Preissteigerung – ein Ausdruck der Nahrungsmittelkrise in Ostafrika.
Aber auch die Menschen auf dem Land sind betroffen. Im Süden Tansanias hat es eigentlich ausreichend geregnet, der Mais steht gut – und doch haben die Leute Hunger. Aufgrund der guten Preise kommen die Zwischenhändler direkt ans Feld gefahren und kaufen den Leuten den Mais ab. Bei der Ernte – vom Feld weg! Die Leute brauchen das Geld oft so dringend für Schulgeld und Medikamente und verkaufen deshalb. Doch dann stellt sich heraus, dass der Mais nicht ausreicht, die eigene Familie zu ernähren. Auch das ein Ausdruck der Nahrungsmittelkrise und des Weltmarkts mit seinen eigenen Gesetzen. Oder wie in Lipilipili dort wurde eine neue ertragreiche Sorte angebaut, die dann aber meist schon nach wenigen Monaten zu faulen beginnt. Neues Saatgut mit großen Versprechungen – keine Ahnung, wer daran verdient. Doch sicher nicht die Menschen hier in Tansania.
Dada Alex
Und nun geht auch für “Dada Alex” die Zeit im Gästehaus in Ruhuwiko zu Ende. Kasimili und Florencia, beide Absolventen der Gehörlosenschule, haben ihren Arbeitsplatz gefunden und sind eingearbeitet. Auch Stamila und Fatuma sind echte tansanische Gastgeberinnen geworden und nun sehr traurig, dass sie sich von Dada Alex verabschieden müssen. Zum Abschied und zur Ehre von Dada Alex gab es sogar neue Dienstkleider. Nun werden die vier zusammen mit Sr. Oresta die Aufbauarbeit im Alltag umsetzen. Ich hoffe, dass viele Gäste kommen und sich dort wohl fühlen werden.
Spielplatz für die Kinder in Ruhuwiko
Vieles ist inzwischen geschehen… Sr. Elisabeth ist inzwischen schon in Untermarchtal. Bischof Varghese wartet in Dar es Salaam auf seinen Flug nach Italien mit Zwischenstopp in Addis Abeba und ich war noch zwei Tage in Ruhuwiko. Dort wird zur Zeit intensiv am Spielplatz gearbeitet. Einige der Spielgeräte stehen schon, am Platz wird aber noch gearbeitet. Gestern haben wir in der Stadt Farbe gekauft. Mal sehen, was geschehen ist, wenn ich wieder komme.
Schwester Tadäa
In den letzten Jahren versorgte Sr. Tadäa eine ganze Zeit lang das Haus St. Maria, die erste Anlaufstelle für Gäste, Besucher und oft auch Arme. Eine ruhige Zeitgenossin, immer freundlich und zuvorkommend. Vor einigen Monaten hatte sie einen Schlaganfall. Seit dem war sie halbseitig gelähmt mit ihren gerade mal 51 Jahren. Erst vor einigen Tagen wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. Nun kam eine schwere Infektion hinzu, sodass sie gestern gegen Abend, nach dem sie den ganzen Tag hart gekämpft hat, irgendwie doch friedlich eingeschlafen ist. Gott allein weiß, warum sie so früh sterben musste.
Natürlich findet nun unser Schwesternmeeting heute nicht statt. Alle sind mit den Vorbereitungen für die Beerdigung beschäftigt. Noch gestern im Laufe des Nachmittags kamen einige von Sr. Tadäas Verwandten aus Mikalanga. Gott sei Dank hat es nun seit zwei Tagen nicht mehr geregnet. Anfang letzter Woche war die Straße noch unpassierbar. Gestern am späten Abend brach Sr Zitha gleich auf, um in Lipilipili eine Kuh und Schweine zum Schlachten zu holen. Auch das wäre ein paar Tage zuvor noch ein Höllentrip in der Nacht geworden. Heute gegen Abend, wenn die Vorbereitungen weitgehend abgeschlossen sind, wird Sr. Tadäa in der Kirche aufgebahrt. Dann ist die ganze Nacht Zeit, sich von ihr zu verabschieden. Wir sind alle traurig, betroffen und auch sprachlos.
Abschluss des Kapitels
Nach drei anstrengenden Sitzungstagen sind wir gestern erst einmal zu einem kurzen Stadtbummel aufgebrochen. Unterwegs ist uns Sr. Georgina begegnet. Sie kam gerade von einem Krankenbesuch zurück. Zum Krankenhaus gefahren wird sie immer von den gleichen, sehr vorsichtigen jungen Pikipikifahrern. Eine Begegnung mit ihr ist meist ein Ereignis, lautstark und gestenreich werden die wichtigsten Informationen ausgetauscht und die Pikipikifahrer sind nebenher damit beschäftigt, ganz geduldig ihr Pikipikitaxi zu stabilisieren, denn unsere Sr. Georgina ist eine wahrlich “gewichtige” Person.
Doch noch kurz zum Kapitel für alle, die für uns gebetet haben: Unsere Kapitelsergebnisse können sich sehen lassen. Gestern Nachmittag schon waren sie schriftlich verfasst, werden nun gerade übersetzt und nun werden Schritt für Schritt die Schwestern informiert. Erst nach diesen Informationen findet dann die erste Runde der Wahl zur Regionaloberin statt. Also, der Prozess geht weiter. Beten ohne Unterlass ist angesagt!
Stillschweigen
Alle, die auf neuste Nachrichten aus dem Kapitel warten, muss ich leider enttäuschen. Wir haben Stillschweigen vereinbart über unsere Beratungen, bis wir am Freitag alle Beschlüsse gefasst haben, die nächsten Schritte klar sind und wir dann am Samstag beim Schwesternmeeting, die erste Gruppe von Schwestern informieren. Sorry, aber das gilt – konsequenterweise – für alle Formen der Berichterstattung und für alle Beteiligten. Nur so viel, wir sind alle richtig kaputt nach diesem ersten Beratungstag und fallen müde ins Bett.