Ankommen – Innehalten – sich auf das Wesentliche konzentrieren
Bevor wir in die Beratungsgespräche des Regionalkapitels einsteigen, stand der heutige Tag unter den Themen Ankommen – Innehalten – sich auf das Wesentliche konzentrieren. Der Auftrag des Kapitels, mehr aber noch die Verantwortung jeder einzelnen Kapitularin wurde am heutigen Tag vor allem unter spirituellen und theologischen Gesichtspunkten beleuchtet. Als Kapitularin hat jede Schwester ihre Gaben und Fähigkeit in den Dienst des Kapitels als oberstes Organ einer Gemeinschaft zu stellen: Ihr Auftrag ist, nach dem Willen Gottes zu fragen, sich in den Dienst der katholischen Kirche zu stellen, die Zukunft und das Wohl der Gemeinschaft in die Mitte der Überlegungen zu stellen und – als Vinzentinerinnen – natürlich das Wohl der Armen. Anhand dieser vier Aspekte sollen die Diskussionsbeiträge priorisiert werden. Denn schließlich wird keine Schönheitskönigin gewählt, so Bischof Varghese, noch ist es ein Treffen, bei dem Politiker ihren Spitzenkandidaten küren, sondern das Suchen nach dem geeignetsten Leitungsteam für eine vinzentinische Gemeinschaft für die nächsten sechs Jahre mit ihren speziellen Herausforderungen. Mit verschiedenen Impulsen, Gebeten, einem gemeinsamen Gottesdienst und einer Stunde der Anbetung bereiteten wir uns auf die kommenden Tage vor und können so sicher gestärkt in die nächsten Tage gehen.
Ankunft
Heute stand ich mal auf der anderen Seite des Zaunes am Songea Airport und wartete auf Gäste. Irgendwie schon schön, diese Gastfreundschaft! Die Menschen, denen wir begegneten, freuten sich für uns, weil wir nun Gäste abholen dürfen, einer sagte zu mir, “oh, freu Dich, die Gäste bringen Segen ins Haus”. Wow! Und dabei wusste er nicht einmal, wen wir abholen.
Ja, darauf vertrauen wir, dass Sr. Elisabeth und Bischof Varghese Segen ins Haus bringen. Sr. Elisabeth kam sicher aus Untermarchtal in Songea an und auch Bischof Varghese hatte einen guten Flug von Addis Abeba nach Tansania. Und mit dem Driver “Anna-Luisa” haben sie dann tatsächlich auch noch das letzte Stück von Songea nach Mbinga gut geschafft.
Nun starten wir also morgen mit dem Besinnungs- und Einkehrtag in das erste Regionalkapitel der Region Mbinga. Das ist schon ein wenig aufregend für alle Beteiligten. Auf jeden Fall sind wir dankbar für alle, die uns mit ihren Gebeten und ihren guten Gedanken begleiten.
Karibuni Mbinga
Unser Willkommenskuchen stand schon bereit, als wir gestern endlich in Mbinga eintrafen. Unterwegs traf ich H.O. und Br. A., vom Kirchbau vertraute und kompetente Unterstützer, um mit ihnen gemeinsam von Peramiho nach Mbinga zu fahren. Gestern Nachmittag und heute Vormittag konnten wir dann gleich die notwendigen Dinge für den weiteren Bau der Dispensary in Kihaha besprechen. Endlich haben wir – nach langem Hin und Her einen Kompromiss gefunden. Das war eine harte Nuss für alle Partner. Nun werden wir langsam und dosiert beginnen, damit wir möglichst bald die ersten Patienten behandeln können. Wir hoffen, dass wir es in kleineren Schritten dann auch gut bewältigen können.
… wie im Fluge!
Irgendwie dachte ich gestern, wir hätten durch die neue Strecke eine neue Chance mit dem Bus auch mit Gästen nach Mbinga zu fahren. Seit die Straße zwischen Songea und Mtwara fast durchgängig asphaltiert ist, ist das theoretisch eine kürzere und – so dachte ich – aufgrund des geringeren Verkehrsaufkommens weniger gefährlichere Alternative. Für den ersten Teil der Reise erfüllte sich diese Hoffnung auch. Wahrscheinlich lag das an den vielen Polizeikontrollen.
Heute jedoch scheinen die Polizisten noch zu schlafen oder unser Busfahrer trainiert für den großen Preis von Monaco. Die Landschaft fliegt an uns vorbei, wir schanzen über die Hubbel und Schlaglöcher. In größeren Dörfern legt der Fahrer ab und zu eine Vollbremsung hin, wirft ein paar Leute raus und lässt jedes Mal mehr Leute ein- wie aussteigen. Inzwischen steht der Mittelgang voll. Als nächstes werden die Knie der Passagiere im Mittelgang besetzt. Ich sitze, Gott sei Dank, am Fenster. Aber irgendwie werden wir wohl ankommen
An der Küste des Indischen Ozeans entlang…
An der Küste des Indischen Ozeans entlang von Dar es Salaam nach Mtwara zu fahren, war schon lange einer meiner kleineren Träume des Lebens… Naja, ganz so romantisch, wie es sich anhört, war es dann nicht, aber das war bei der Planung auf der Karte ja schon zu sehen. Oft führt die Straße kilometerweit von der Küste entfernt durch das Landesinnere. Nur selten kann man einen Blick auf das Meer werfen. Aber irgendwie ahnt man immer, dass das Meer nicht weit sein kann. Überall sind riesige Palmen zu sehen, an den Marktständen an der Straße werden Fische angeboten und immer wieder fährt der Bus durch sumpfige Flußdeltas, in denen Reis angebaut wird. Jetzt, da die Regenzeit bald zu Ende geht, sieht alles wunderbar fruchtbar aus. Die Häuser der Menschen erzählen aber andere Geschichten. Selten sieht man ein Blechdach – hier oft ein erstes Zeichen von Wohlstand. Oft sind die Häuser nicht aus gebrannten Ziegeln gebaut, sondern aus einem Geflecht von Ästen und Lehm. Immer rennen viele Kinder um die Häuser. Und dann wieder die Frage: Welche Art von Reichtum hält das Leben für diese Kinder bereit?
Spät kamen wir dann in Mtwara an, zu spät um am nächsten Morgen weiter zu fahren.
Reisesegen
“Geht in der Kraft, die euch gegeben ist – einfach, leichtfüßig, zart.
Haltet Ausschau nach der Liebe.
Gottes Geist geleite euch. Amen.” (Irischer Segensspruch)
Mit diesen Wünschen, ein wenig Vorfreude und ein wenig Abschiedsschmerz sitze ich am Flughafen in Stuttgart. Eigentlich sollte es ja inzwischen Normalität geworden zu sein – dieses Abschiednehmen, Aufbrechen, Reisen. Aber das wird es irgendwie nicht. Dieses Mal ist natürlich auch der Auftrag mit ein wenig Aufregung verbunden. Wir werden das erste Mal ein Regionalkapitel in Mbinga abhalten. Das darf man schon ein wenig aufgeregt sein, finde ich. In den vergangenen Monaten haben alle Schwestern ihre Delegierten, oder Kapitularinnen gewählt. Und sie haben sich in verschiedenen Meetings Gedanken über die Themen gemacht, die bei diesem Treffen diskutiert werden und zu zukunftsweisenden Entscheidungen führen sollen. Wir haben uns per Email über die Tagesordnung und eine sogenannte Geschäftsordnung geeinigt, Abstimmungskarten in unterschiedlichen Farben sind in meinem Gepäck. Doch nun müssen die letzten Vorbereitungen vor Ort getroffen werden. Deshalb bin ich als “Vorhut” schon mal unterwegs. Sr. Elisabeth und Bischof Varghese, der Moderator der Tagung werden später kommen. Vielleicht passt deshalb auch der Segen so gut: “haltet Ausschau nach der Liebe. Gottes Geist geleitet euch.” Das hoffe ich, dafür beten die Schwestern in Deutschland und in Tansania.
Verbundenheit
Es ist unerträglich heiß in Dar es Salaam… hier sitzen wir nun auf dem Flughafen und warten auf unseren Abflug. Irgendwie sind wir problemlos durch das Gewühle gekommen, erst durch den Stau, dann hier durch die verschiedenen Kontrollen… Jetzt sitzen wir hier mit ganz unterschiedlichen Gefühlen und Erfahrungen, konnten die letzten 24 Stunden auch noch viel über die vergangenen Tage reden, uns austauschen, unsere Fragen diskutieren… Für uns alle war es eine gute Zeit, auch wenn es kurz war. Wieder einmal haben wir viele Aufgaben im Gepäck, die wir in Deutschland zu erledigen haben. Wir haben Menschen kennen gelernt, die uns vielleicht bei verschiedenen Projekten unterstützen können. Vor allem aber haben wir Beziehungen vertieft und die Verbundenheit und vielleicht auch das Verstehen – oder besser – das gegenseitige Verständnis ist gewachsen.
Jetzt sind wir gespannt, was uns daheim erwartet.
Babu Richard
Unsere Begegnung mit Babu Richard war eine besondere Erfahrung. Babu Richard ist der älteste Arbeiter auf der Farm Mwanamonga, auf der die Lebensmittel für die Gehörlosenschule angebaut werden. Wir trafen ihn mit vielen anderen Arbeitern auf dem Reisfeld. Dort mussten sie, im Wasser stehend, das Unkraut ausreißen. Einige hatten statt Schuhen Plastiktüten um die Füße gebunden. Seit diesem Jahr gibt es irgendwelche Insekten im Wasser, die ihnen das Arbeiten schwer machen. Dringend müssen Gummistiefel angeschafft werden.
Doch neben der notwendigen Ausrüstung zum Arbeiten erzählen die Arbeiter von ihren sonstigen Nöten, während sie uns zum Tee einladen. Eine der Frauen muss dringend operiert werden. Babu Richards Haus fällt fast zusammen. Dort wohnt er mit seiner Frau und seinen drei Söhnen mit unterschiedlich ausgeprägten Behinderungen. Babu Richard ist der einzige, der ein wenig Geld verdienen kann. Irgendwie wusste er auch nicht wie ihm geschah, als wir kurzerhand zu seinem Haus gefahren sind. Unser Auto und der Driver, eine weiße Ordensschwester erregte in der Nachbarschaft dann doch ein wenig Neugier. Sofort wurden zwei Plastikstühle hergetragen, auf denen wir Platz nehmen sollten.
Auf allen vieren kam dann sein ältester Sohn mit einer starken körperlichen und geistigen Einnschränkung angekrochen und besetzte zur Aufregung aller einen der Stühle. Doch als Sr. Gabriele Maria dann versuchte, mit ihm in Kontakt zu treten, war das Glück aller groß.
Jetzt suchen wir nur einen Sponsor, der uns hilft, für die Familie das Haus zu renovieren und Betten und Matratzen zu kaufen.
Shopping
Eine Shoppingtour durch Songea hat immer seinen besonderen Reiz. Allerdings waren wir erst mal ein wenig enttäuscht. Rund um die traditionelle Markthalle waren viele Läden geschlossen. “Shida kubwa” – “großes Problem” haben uns die Händler verschmitzt lachend erzählt. So groß konnte das Problem nicht sein, denn sie schienen eher Spaß an “der Sache” zu haben. Es stellte sich dann heraus, dass die Händler streikten, weil die Regierung wieder die Abgabe der Mehrwertsteuer stärker kontrollieren will.
Allerdings konnten wir die Sinnhaftigkeit und vor allem die Schlagkraft des Streiks nicht wirklich verstehen oder es konnte uns niemand so erklären, dass wir es verstanden hätten. Aber die Händler schienen Spaß dran zu haben und wir kamen doch noch zu unseren Shoppingfreuden, denn die Stoff-, Schuh- und Kleiderhändler hatten fast alle auf.
Es wird höchste Zeit
Gestern erst kam ich nach St. Katharina. Inzwischen laufen oder wackeln fast alle der Kinder durch die Gegend – und es ist viel zu eng!!! Und jetzt in der Regenzeit ist auch alles wieder so feucht und die Kinder sind mal wieder der Reihe nach krank. Lauter “kleine Dreckspatzen” mit “Rotznasen” kamen uns fröhlich entgegen gelaufen.
Gott sei Dank können wir jetzt das Geld für den Neubau freigeben. Sr. Julietha und Sr. Asteria freuen sich riesig. Jetzt muss nur noch Sr. Emma, die Bauleitung aus Dar es Salaam zurück kommen.
Außerdem hat die Regierung wieder einmal angedroht, alle unbebauten Grundstücke in der Stadt zu enteignen. So wird es wirklich allerhöchste Zeit, dass wir Lusonga bebauen – damit Alfa, Evans und Emmi ein neues Zuhause bekommen.