Kurztrip
Schon wieder in Addis zurück… Ein echter Kurztrip, aber wir hatten die Chance mit dem Bischof im Auto nach Addis zu fahren, das schien uns vorteilhafter und ungefährlicher als mit dem Bus. Naja, darüber ließe sich inzwischen trefflich streiten. Wir vermuten, dass der Driver des Bischofs ein wenig kurzsichtig ist und schlecht die Distanzen einschätzen kann. Das versucht er, durch die Hupe zu kompensieren, eine von mehreren Möglichkeiten in einem Land, in dem es keine Optiker gibt. Nur die Hupe in diesem alten Toyota-Geländewagen ist ein wenig versteckt unterm Lenkrad. Um das Lenkrad loszulassen, musste er leider immer bremsen. Dadurch dass jeder Hund, jeder Esel, jedes Kind und jedes entgegenkommende Auto wohl schwer in der Breite einzuschätzen war, begleitete uns ein Hupkonzert von Nekemte bis Addis und die Fahrt glich manchmal einem Ritt, weil jedes Hupen mit einem Abbremsen verbunden war.
Aber unsere Mageninhalte waren sehr tapfer und wir konnten die Zeit nutzen, um viel über das Land zu erfahren und noch manche Fragen mit dem Bischof klären. So reisen wir morgen mit einem 10-Jahres-Plan zurück. Vorher steht aber noch ein Besuch bei den Mutter-Teresa-Schwestern auf dem Programm.
Am Fasnetssonntag
Während daheim Fasnet gefeiert wird, tasten wir uns in Addis durch das Dunkle. Im ganzen Stadtviertel ist der Strom ausgefallen. Und so wird unser Abschiedsabend zum Candle-Light-Dinner im Priesterseminar mit sehr interessanten Diskussionen über die politische Lage, die Hoffnung und die Perspektivlosigkeit der Jugend, Drogen und das Engagement der Kirche. So wurden wir heute vor allem durch die Offenheit und das Vertrauen beschenkt.
Morgen fliegen wir weiter nach Tansania und im Gepäck die Hoffnung, dass wir einen entscheidenden Schritt weiter gekommen sind. Die Krise, wenn man die Situation der Schwestern so beschreiben kann, ist aber noch nicht überwunden. Manche wirken erschöpft und resigniert, weil sie so lange auf Hilfe – von wem auch immer – gewartet haben, so lange mit dieser Orientierungslosigkeit zurecht kommen mussten.
So sind in unserem Reisegepäck einige Aufträge, aber auch offene Fragen und viele ungelöste Probleme – und trotzdem ist die Hoffnung stark, das es weitergeht.
Zwischen Hoffnung in die Zukunft der jungen Gemeinschaft und Ohnmacht gegenüber mancher Realität im Land
Nach unserem Hoffnung machenden und klärenden Meeting mit den Schwestern und dem Bischof war noch Zeit für einen Spaziergang durch die Stadt. Kurz haben wir uns ins Hospital der Regierung gewagt, um dann doch vor Entsetzen vor den Zuständen zu flüchten. Manchmal produziert die Wut Tränen. Die Schilder der verschiedenen Spenderorganisationen zeigen, was eigentlich erst vor kurzem renoviert wurde. Ohne die Schilder wäre uns nichts Neues aufgefallen.
Ein paar Meter weiter wagten wir uns auf das Gelände einer orthodoxen Kirche und trafen lauter offene, neugierige und gastfreundliche Menschen. Ein alter Pope lud uns dann sogar in sein Haus ein. Selbstverständlich wurden wir zu Injeera, dem säuerlichen Fladenbrot und Tee eingeladen und zogen – mit äthiopischen Kreuzen beschenkt und um ökumenische Erfahrungen reicher – weiter.
Auf dem Heimweg nach vielen, sehr freundlichen Begegnungen und Begrüßungen entdeckten wir dann auch die obligatorischen Khatverkäufer und ihre zu gedröhnten Kunden oder Opfer. Khat wird in Äthiopien legal gehandelt. Unterwegs hatten wir immer wieder v.a. Männer mit Bündeln von Khatblättern zum Markt laufen sehen – nun wurden wir Zeugen der verheerenden Wirkung.
Und wieder bleibt nach solch einem Tag die Hoffnung, dass die neue Gemeinschaft zu einem Segen wird für dieses Land!
Addis Ababa (per SMS)
Addis Ababa, die “neue Blume” wie die Stadt bei ihrer Gründung genannt wurde, haben wir heute ein wenig abseits der üblichen Wege kennen gelernt. Überall wird gebaut, riesige Straßenschluchten in die Stadt geschlagen, Hütten müssen der Metro und den modernen Hochhäusern Platz machen, den Armen bleibt dann nur ein noch armseligerer Bretterverschlag oder eine Plastikplane auf der Verkehrsinsel.
Im neuen Bischof ist die Wut auf das System (noch) zu spüren. Er erzählt von Korruption und Repression durch den Staat – und von den Hilfsorganisationen, die sich durch die Säkularisierung in Europa immer stärker von den privaten Organisationen und Kirchen abwenden und die staatlichen Stellen großzügig unterstützen – ohne zu beachten wie viele offenen Hände auf dem Weg von oben nach unten, zu den einfachen Menschen bedient werden müssen.
Morgen in der Frühe geht es weiter nach Nekemte. Wir freuen uns auf dei Fahrt durchs Land. Vielleicht ist es auch ein wenig Flucht vor dem Gefühl der Ohnmacht, die diese Stadt auslöst.