Alfa

Alfa heißt der neuste Zugang in St. Katharina – und er war nicht die erste Geburt, wie wir beim Namen vermuteten (Alpha und Omega), er war das fünfte Kind seiner Mutter. Ich schreibe in der Vergangenheit, weil seine Mutter bei der Geburt ihr Leben verlor. Irgendwo auf der Straße zwischen Lundumato und Litembo erblickte Alfa „das Licht der Welt“, abgenabelt mit einem Stück Stoff.
Der Weg von Lundumato ins Krankenhaus nach Litembo war zu weit – und bei Regen ist er oft unpassierbar. Eigentlich gibt es in Lundumato eine kleine Dispensary mit einem schönen Kreißsaal. Aber Sr. Bakathi, die Krankenschwester und Hebamme, war nicht da, sie war gerade an diesem Tag mit einem Mädchen aus einer armen Familie nach Mbinga gereist, um sie bei Sr. Kaja in der Haushaltungsschule unter zu bringen. Eine zweite Hebamme kann sich die Dispensary unmöglich leisten, schon jetzt reicht das Geld in dieser armen Region nicht, um die Gehälter zu zahlen.
Vermutlich hatte Alfas Mutter eine Schwangerschaftsvergiftung, seine Augen sind knallgelb und seine Nabelschnur stinkt erbärmlich. So brachte ihn sein Vater nach St. Katharina. Er hat jetzt erst mal genug zu tun , um für die anderen vier Kindern daheim zu sorgen. Wenn Alfa „aus dem Gröbsten raus“ ist, kann er nach Hause. Oft liegt es einfach daran, dass kein Geld für das Milchpulver da ist – geschweige denn für eine medizinische Behandlung.
So haben wir gestern mit der Behandlung des Bauchnabels begonnen – nicht zur Freude der Schwestern… Vermutlich habe ich mir gestern mal wieder ein Tabubruch geleistet… als ich mit der Schere dem eitrigen Stofffetzen zu Leibe rückten, schrie Sr. Asteria entsetzt auf, wahrscheinlich dachte sie, ich schneide das wertvolle Stück Nabelschnur ab. Doch das wird irgendwann die nächsten Tage von alleine abfallen. Hier geht es jetzt erst mal drum, eine Ausbreitung der Infektion zu verhindern.
Als ich Alfa das erste Mal auf dem Arm hielt, befürchtete meine Nase das Schlimmste, doch als er dann die Flasche bekam und bereits am zweiten Tag seines Lebens einen großen Appetit an den Tag legte, wurde ich zuversichtlicher. Vielleicht macht er der anderen Assoziation seines Namens Ehre – Alfa Romeo – und wird ein ganz Schneller.
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