About Sr. Anna-Luisa

Zum Abschluss: ans Ende von Tansania

Den letzten Sonntag unseres vierwöchigen Aufenthalts nutzen wir zu einem Besuch in Mkenda, an der Grenze zu Mosambik. Domkapitular Hildebrand begleitet uns und so bekommt die kleine Gemeinde von Christen mitten im Busch die Möglichkeit zu einer Eucharistiefeier und gleichzeitig werden vier Kinder getauft. Sr. Maria Goretti übersetzt souverän im Gottesdienst, so dass auch das Sprachproblem mit Geduld und Improvisation überwunden werden und wir in der neu gebauten kleinen Schule ein schönes Fest feiern konnten.

Mit den Schwestern und den Kindern warten wir auf die Unterstützung durch das Kindermissionswerk, um einen Kindergarten dort bauen zu können – und, wenn uns das dann gelingt, die Dispensary endlich fertig stellen können. Immer stellt sich die Frage der Priorisierung. Eigentlich wäre sauberes Trinkwasser das Wichtigste in Mkenda. Doch dazu fehlt uns im Moment die richtige Partnerorganisation mit entsprechendem Knowhow.

Festvorbereitungen

Alle helfen mit, damit die Einweihung gelingen kann.

Doch dann wurden manche Nerven kräftig strapaziert. Wie viele Veränderungen durchdiskutiert und doch wieder über den Haufen geschmissen wurden, wusste am Ende niemand mehr.

Energie bedeutet Fortschritt, erklären mir die Schwestern…

Die Straßen waren abenteuerlich, aber wir haben es geschafft und konnten das Wasserkraftprojekt der Chipole-Schwestern besuchen. In Tulila, mitten im Busch am Ruvuma-River werden 5 Megawatt für die Stadt Songea produziert und die Dörfer im Umfeld profitieren ebenfalls. Seit Tansania vor wenigen Jahren eine neue gesetzliche Grundlage haben, kann das staatliche Energieunternehmen – ähnlich wie in Deutschland – Strom von Privatorganisiationen abkaufen.

Wir bekamen eine ausführliche Führung durch die Anlage und hatten Zeit, das Finanzierungskonzept des Investors zu diskutieren. Ein Teil des Erlöses soll in soziale Projekte fließen.

Zwischenzeitlich stand ich vor den Turbinen und habe mich gefühlt, wie mit neun Jahren, als mein Vater verzweifelt versucht hat, mir die Zusammenhänge der Stromerzeugung verständlich zu machen. Hätte ich damals nur besser aufgepasst….

Eine super Truppe

Auf dem Flur hier im Gästehaus geistern sie noch ein wenig rum, aber sie sind so happy, unser Loreto-Dreamteam. Der Ausflug nach Iringa ins Krankenhaus war nun doch mehr eine Abenteuersafari für die Kinder aus den Dörfern rund um Mbinga. Auch wenn sie sich gestern und heute morgen gegenseitig noch Angst gemacht haben: vor schrecklich großen Spritzen, vor verlorenen Gliedmaßen und was sich Kinder manchmal einfallen lassen, um sich gegenseitig zu ärgern.

Doch heute ging es nur um die Diagnostik einiger der neuen Kinder von St. Loreto und die Möglichkeiten einer sinnvollen Behandlung. Nebenbei – so hoffe ich – haben wir neue Partner gefunden, die uns bei dieser Arbeit mit ihrem Knowhow und ihrem Netzwerk unterstützen. Ich bin gespannt, was daraus wird – zum Wohl von Evans, Paulina, Candidus, Alfreda, Bavon, Ansgari, Eddison und den vielen anderen Kinder in Loreto, die auf Hilfe warten.

Für heute waren die Sieben einfach sehr tapfer, denn wir mussten ewig warten. Zum Zeitpunkt der Bildaufnahme hatten wir alle unseren Tiefpunkt erreicht und es musste dringend für Essen, Trinken und Bonbons gesorgt werden.

Doch nun, so scheint es, muss ich für Schlaf sorgen, denn die kleinen Geister auf dem Flur werden lauter und übermütiger und schließlich haben wir morgen eine lange Fahrt vor uns.

Neri

In einem dieser Dörfer wohnen Neris Großeltern, allerdings getrennt. Der Großvater hat eine jüngere Frau. Und doch kamen beide ins Krankenhaus, nachdem sie erfahren hatten, wie schlecht es Neri ging. Verzweifelt hat Neri um ihr Leben gekämpft, in einem staatlichen Krankenhaus, in dem die Angehörigen sogar das warme Wasser zum Waschen mitbringen müssen. Gestern Nachmittag ist sie dann dort gestorben.

Im Arm ihrer Tante, begleitet von ihren Großeltern und mit einigen Schwestern haben wir sie zurück in ihr Dorf gebracht. Sie wurde noch am Abend, ohne Sarg auf dem Grundstück des Großvaters beerdigt.

In meinem eigenen Gefühlschaos von Trauer, Wut und Ohnmacht mischten sich tausend Fragen, die sich heute ein wenig geklärt haben.

Die Schwestern haben mir erklärt, dass in ihrer Kultur nicht getrauert und nicht geweint werden darf, so lange einer der Zwillinge am Leben ist. Die Trauer könnte den lebenden Zwilling kränken. Deshalb wurde Neri ganz schnell, ohne Klagen, Weinen und Trauergesänge, ohne Sarg und ohne Totenmahl bestattet.

Doch ich hoffe, Noella ist nicht böse mit ihr, dass ich um ihre kleine Zwillingsschwester traure.

Halbzeit

Naja, Halbzeit war eigentlich schon. Die schwierigen Safaris haben wir hinter uns. Einiges mussten wir sogar absagen, weil die Straßenverhältnisse so schlecht sind. Es regnet wirklich täglich – und zwar in Strömen. So ist Zeit für verschiedene Gespräche und Besuche hier vor Ort.

Gestern wollten wir mit zwei Kleinkinder (Alfa und Evans) auf dem Rücken  nach St. Loreto laufen, sind aber dann auch wieder einmal von solch einem gewaltigen Regen erwischt worden, dass wir uns nach einem Luxuscappuccino im Internetcafe, zwei Kindern, die zum ersten Mal eine Tür mit Glasscheibe betatschen und ausgiebig verschmieren mussten und mit Genuss Mandazi verzehrt haben, von Sr. Maria Agnes mit dem Auto abholen lassen mussten. Irgendwie hat Sr. Maria Agnes das Auto und uns nach Loreto gebracht – wieder einmal waren die Straßen zu reißenden Strömen geworden.

In Loreto ging es um die Entscheidung, welche Kinder sinnvollerweise nächste Woche nach Iringa zur Diagnostik mitfahren. Eine schwierige Aufgabe, so viele ängstliche, erwartungsvolle, schüchterne, neugierige Kinderaugen. Hoffentlich macht unsere Reise Sinn. In Iringa wird nächste Woche ein Operationsteam aus Dar es Salaam sein. Dem Koordinator des Projekts möchte ich die zuständige Schwester und einige Kinder vorstellen.

Als wir dann schon im Halbdunkel zurück nach St. Katharina kamen, war Sr. Asteria mit der kleinen Neri schon in der Dispensary. Neri und Noella haben beide Malaria, bei Neri kam nun eine Lungenentzündung hinzu. Sie rang um jeden Atemzug, schrecklich. Die Dispensary war nur leider schon völlig überfüllt, einige Betten doppelt belegt. Regenzeit ist Malariazeit! So dass Sr. Asteria mit beiden Zwillingen und einer Krankenschwester im Regionalhaus geschlafen haben. Heute morgen geht es ihr nun ein wenig besser, über dem Berg ist sie aber noch nicht.

Nachtrag: Partnerschaften

Letzte Woche fand ein Austauschprogramm der besonderen Art statt. Eine Gruppe Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung aus Deutschland verbrachte eine gemeinsame Woche mit tansanischen Schülerinnen und Schülern aus Ruhuwiko am Nyassasee und in der Schule St. Vincent Ruhuwiko.

Vieles war für die deutschen Schülerinnen und Schüler doch sehr fremd, zum Beispiel der Morgenappell mit Nationalhymne und dem Hissen der Flagge. Und doch fanden sie auch sehr schnell viel Verbindendes, vor allem am See hatten sie wohl viel Spaß miteinander.

Am Ende der gemeinsamen Zeit war es für alle eine wichtige Erfahrung. Wir sind gespannt, was an Verbindendem bleibt.

Neues aus Katharina

Vermutlich sind Noelli und Neri an Weihnachten zu früh auf die Welt gekommen. So genau kann uns das allerdings niemand sagen. Zumindest sehen sie jetzt nach sechs Wochen so aus. Ihre Mutter starb bei der Geburt. Sie war HIV-positiv. Auf das Untersuchungsergebnis der beiden Kindern warten wir noch.

Die Großeltern haben sich schnell beim Sozialamt gemeldet, weil sie sich mit der Versorgung der Kinder überfordert fühlten. Und das Sozialamt sorgte dann auch für eine kleine finanzielle Unterstützung der Großeltern. Doch das reichte augenscheinlich nicht aus. Jetzt in der Regenzeit müssen die Leute aufs Feld, um den Mais für das ganze Jahr anzubauen, da hatte wohl niemand die Zeit, die Energie und das Wissen, zwei Frühgeborene zu versorgen, die anfänglich halbstündlich mit Milchpulver angerührte Nahrung brauchen. Vor allem Neri kann bis heute nur ganz kleine Portionen bei sich behalten.

Vor zwei Wochen kamen beide in einem jämmerlichen Zustand nach St. Katharina. Unterernährt, mit einem massiven Hautauschlag, so dass die Haut in Fetzen abging und massiv unterentwickelt. Allein vom Aussehen gaben wir Neri kaum Überlebenschancen. Noch heute sieht sie erbärmlich aus. Doch wenn sie anfängt zu schreien, entfaltet sie eine Power, die ihr niemand zugetraut hätte. Sie scheint sich wohl ins Leben zu kämpfen.

Neues aus Loreto

Der erste Schritt der Umbaumaßnahmen in St. Loreto ist getan, der neue Stall ist fertig. Jetzt kann die Erweiterung angegangen werden. Feierlich und ganz ernst wurde um den Segen Gottes für die Schweine, Kühen und Hühner gebetet, denn wir haben Fastenzeit. Das bedeutet, keinen Tanz und keine Trommeln in der Liturgie. Ein wirkliches Fastenopfer – auch für mich.

Mit dem Schuljahr kamen einige neue Kinder. Hier muss nun nach einer sinnvollen Diagnostik für ihre Handicaps geschaut werden.