Fasnet in Iringa?
Aus Deutschland erreichen uns Bilder von verkleideten und fröhlichen Menschen, sogar der Rottenburger Narrenmarsch kam an und weckte Heimwehgefühle.
Hier erinnert eigentlich nichts an Fasnet oder Karneval. Die drei Schwestern, die im letzten Jahr in Untermarchtal die fünfte Jahreszeit erlebten, waren doch, na, nennen wir es mal irritiert. Für sie ein fremder, seltsamer Brauch so direkt vor der Fastenzeit.
Und nun sahen wir auf einmal in Iringa am Busbahnhof einen “Hästräger”. Aber der eine Hästräger macht noch keine Straßenfasnet, schade.
Interessanter Einstieg
Aus dem Abstand betrachtet, hatten wir heute einen interessanten Einstieg… Aus dem Abstand… In der Realität jedoch eher eine Fülle an Eindrücken und ein Wechselbad der Gefühle…
Zwei Begegnungen von heute: ein erster Besuch bei Wonderworkshop. Ein Projekt für Menschen mit Behinderung , die Kunstobjekte aus Recyclingmaterial herstellen. Spannend! Und echt viele sehr schöne Objekte, die von Touristen und ausländischen Firmen gekauft werden.
Die zweite Begegnung mit den Schwestern in Luhanga war noch aufregender. Schon auf dem Weg nach Luhanga wurde klar, warum der neue Präsident von Tansania auch der Bulldozer genannt wird. Ganze Viertel in den Überschwemmungsgebieten wurden platt gemacht, Müll und ein paar Trümmer sind von den Häusern übrig geblieben. Magufuli, der neue Präsident, mit Spitznamen “Bulldozer” macht seinem Namen alle Ehre. Lange wussten sie schon, dass sie im Überschwemmungsgebiet illegal siedeln. Doch niemand hat geglaubt, dass die Drohungen ernst gemacht werden. Keiner hat mit Magufuli gerechnet.
Nun leben die Menschen, die nicht bei ihren Familien untergekommen sind, auf der Straße. Zurück scheinen sie im Moment nicht zu können, neue Häuser können sie nicht bauen, Wohnungen zu mieten ist für diese Menschen finanziell undenkbar… Jetzt sind sie Vertriebene im eigenen Land… Opfer der Klimaveränderung???
In Luhanga erfahren wir dann, dass ihnen diese Herausforderungen noch bevorstehen. Die Regierung hat die Menschen in Luhanga informiert, dass auch sie dieses Gebiet verlassen müssen. Es scheint so, dass das Schwesternhaus ebenso betroffen ist. Nun brauchen wir wohl doch den Plan B. Die Schwestern wollen so lange wie möglich mit den Menschen in dieser Situation solidarisch leben. Und trotzdem müssen wir langfristig nach anderen Lösungen suchen.
So schnell sind wir angekommen in der tansanischen Realität.
Um die halbe Welt…
Na, nicht ganz. Herr Hecke, Alex und die Regionalrätinnen kommen demnächst schon in München an. Heute Morgen bekam ich aus Dubai die Nachricht, dass sie dort gut zwischengelandet sind. Kurze Zeit später meldete sich schon Sr. Karin – ebenfalls vom Flughafen in Dubai. Dort hat sie Gottfried getroffen, er kam von Wien und wird uns beide in Äthiopien begleiten. Verrückte Welt! Nur ich dachte zwischenzeitlich, dass ich das Flugzeug verpasse. Wieder einmal war jemand viel Wichtigeres auf der Straße unterwegs und alles musste abgesperrt werden für eine ewig lange Fahrzeugkolonne mit richtig fetten Autos. Kurz bin ich fast panisch geworden. Und das noch bei der Hitze und schon mit der wärmeren Kleidung. Zum oder über den Flughafen rennen, hätte zum akuten Hitzetod geführt! Doch nun sitze ich neben einem Ventilator im Flughafen, nachdem ich wieder einmal in der Sicherheitskontrolle hängen geblieben bin. Irgendwie mag diese Technik meine Ordenstracht nicht!
Ein Resumee der Reise zu ziehen, fällt mir noch schwer. So viele Eindrücke und Begegnungen – auch wenn wieder einmal scheinbar die Zahlen im Vordergrund standen. Und doch bei allem Aufbau von transparenten Strukturen und Abläufen sind es die Begegnungen mit den Menschen, mit den Schwestern, den Partnern, dem Land, die diese Reisen so spannend und manchmal auch aufregend machen.
Nun gilt es, mich auf Äthiopien einzustellen, andere Menschen, eine andere Situation, ein völlig anderes Land. Keine Ahnung, ob und wie es mir gelingen wird, übers Internet Kontakt zu halten. Das funktioniert nicht immer, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Mal sehen, was uns dort erwartet!
Vinzentinische Familie
Welch schöne Überraschung, am Ende unserer 15-stündigen Autofahrt von Songea nach Morogoro standen tatsächlich bekannte Gesichter an der Tür des Seminarhauses der Vinzentiner in Morogoro. Und sie haben sogar alle mit dem Abendessen auf uns gewartet.
So traf ich nach drei Jahren F. Matthew aus Indien in Morogoro wieder. Vor drei Jahren hatten wir uns in Untermarchtal kennen gelernt. Die Ordensleitung war auf der Suche nach einer sinnvollen Nutzung des Kurheim Pauline in Wildbad und hatte Kontakt mit der Nordprovinz der indischen Vinzentinern aufgenommen. Und so kam Father Matthew, damals Provinzial nach Untermarchtal zu einem Gespräch. Sehr spontan sind wir dann am nächsten Tag nach Wildbad gefahren. Es war das erste Adventswochenende und wir sind durch den Schnee gestapft. Nun trafen wir uns in der tansanischen Hitze wieder. Inzwischen ist F. Matthew Generalassistent der Vinzentiner und lebt in Rom. Jetzt ist er zur Visitation in Tansania und wird auch das Meeting im neuen Gästehaus in Ruhuwiko besuchen.
Wie schön zu dieser vinzentinischen Familie zu gehören.
Abschied von Ruhuwiko
Gestern Abend nun haben wir schon mit den Schwestern in Ruhuwiko Abschied gefeiert. Das Gästehaus ist fast eingerichtet, das Schwesternteam steht, nur das Team der Mitarbeiter mit Hörschädigung ist noch nicht vollständig. Aber wir sind zuversichtlich, dass sich das aufbaut, wenn die ersten Gäste kommen. So richtig scheint sich das noch niemand vorstellen zu können. Aber nächste Woche Ist quasi der erste Probelauf. Das Haus wird voll belegt mit Vinzentinern, die dort ein 8-tägiges Meeting haben. Gekocht wird dafür zwar noch im Schwesternhaus, denn der Herd ist noch nicht gekauft und die Küche noch nicht eingerichtet. Aber aufgeregt sind die Schwestern schon – und wir auch! Doch wir werden es erst im Februar testen können! Bis dahin können wir nur viel Erfolg wünschen.
Müde Felder
„Mama Anna-Luisa, unser Feld ist müde!“… So oder so ähnlich beginnen manche Gespräche und dann fahren wir zu irgendeinem Feld, dass die Schwestern gepachtet haben und gerne kaufen wollen und je länger die Fahrt geht, umso deutlicher sehe ich die Dieselrechnung, die den Erlös aus dem Verkauf des Gemüses auffrisst. Ich erinnere mich, irgendetwas mal über Fruchtfolge gelernt zu haben, lange her und sicher nicht für Tansania und doch frage ich. Natürlich wechseln sie … Sonnenblumen, Mais, dann Reis… Reis? Naja, da kann aber was nicht stimmen… Reis braucht Wasser, das weiß sogar ich… Wurde meine Frage nicht verstanden oder ist das ein Test? Ich lache… „Reis?“ Sie lachen mit. Also war es ein Test.
Doch was ist die Lösung für „müde Felder“, landwirtschaftlich ungebildete Missionsprokuratorinnen und Tansanier, die aufgrund des Bevölkerungswachstums und einem veränderten Landrecht gerade einen verständlichen Drang zum Landerwerb haben?
Auf der Fahrt in den tansanischen Busch erklärt uns Abt Anastasius einiges über „müde Felder“. Für mich wird einiges klarer. Und vor allem wird deutlich, dass wir uns diesem Thema noch mal widmen müssen, denn an allen Stationen werden Nahrungsmittel selbst erzeugt, die Diskussion über die „müden Felder“ wiederholt sich immer wieder. Doch für heute bin ich erst mal zufrieden, wenn ich sehe, dass auf diesem Feld, weit außerhalb nicht nur für die Schule angebaut wird, sondern auch drei Familien ein Einkommen als Arbeiter haben. Das muss jetzt erst mal reichen.
Pizzaessen in Songea
Eine Einladung zum Pizzaessen schlage ich selten aus und auf Pizza in Songea war ich besonders gespannt. Die Speisekarte weckte den Wunsch erst recht, denn es gab die Auswahl zwischen zehn verschiedenen Pizzen und – welch Wunder – sogar noch unterschiedliche Burger.
Doch bei der Bestellung war die Enttäuschung groß. Pizza hamna! Pizza gibt’s nicht! Burger hamna! Burger gibt’s nicht! Mein tansanische Lieblingsessen Chipsi mayai? Chipsi mayai hamna! Chipsi mayai gibt’s nicht!
Fleischlos geht hier irgendwie gar nicht. Also Chipsi na beef! Und es hat richtig gut geschmeckt! Alle Bilder von an der Straße hängenden, mit Fliegen übersäten halben Kühen habe ich aus dem Kopf verbannt und die tansanische Ersatzpizza genossen.
Genau so ist Tansania!
Sprachlos
Sprachlos hat uns das Wochenende gemacht. Die Ereignisse in Paris haben uns alle beschäftigt. Hinzu kam dann wieder ein Fall von Lynchjustiz in Mbinga. Ein drogenabhängiger Mann hat drei Kinder seiner Schwestern ermordet und die Schwester schwer verletzt. Ein weiterer Mieter holte Hilfe, worauf viele Menschen kamen und den betrunkenen Mann fassten, mit Benzin übergossen und anzündeten. Die drei Kinder waren alle in Einrichtungen, in denen unsere Schwestern arbeiten.
Das Leid der Mutter, der Familie muss entsetzlich sein. Und doch sind wir Deutschen auch sprachlos über die Selbstverständlichkeit der Lynchjustiz, die uns bei unseren naiven Fragen entgegen kommt. Wohl die Folgen eines korrupten Polizei- und Rechtssystems.
Der Kaffee blüht
Ganz früh wollten wir nach Maguu aufbrechen, doch dann ließ sich der Schlüssel am Auto nicht drehen. Das war schon am Abend an der Tankstelle in Songea so, doch da hatten wir es dann mit vereinten Kräften noch einer halben Stunde geschafft. Jetzt am frühen Morgen ging gar nichts und wir hatten es eilig. Unser Solarexperte aus Deutschland war nur ganz kurz im Land und hatte einen verrückten Reiseplan vor, deshalb wechselten wir schnell das Auto. Je näher wir Maguu kamen, umso betörender wurde der Duft des blühenden Kaffees. Nach einem Frühstück konnten wir endlich mit Sr. Janeth das Durcheinander um die Solaranlage für die Schule klären und zufrieden wieder abfahren. Die Schwestern waren völlig überrascht über unseren verrückten Zeitplan. So schnell wie wir in Maguu waren, so schnell waren wir wieder weg.
Auf dem Weg nach Songea zeigte dann das getauscht Auto seine Mucken. Immerhin hatte ich die Chance zu lernen, dass man bei niedrigem Standgas einfach immer auf dem Gas bleiben muss und dass man problemlos auch mit dem linken Fuß bremsen und dem rechten Gas geben kann. Tansania erweitert immer wieder Kompetenzen.
Unglaublich…
Unglaublich, welche Entwicklung das Exerzitien- und Seminarhaus in Mbambabay am Muhalo-Beach hin gelegt hat. Aus einer Bauruine vor vier Jahren wurde nun mit vereinten Kräften und viel Engagement ein Haus in einer Traumlandschaft, von dem die tansanischen Schwestern lange geträumt haben. Jetzt geht es an die Innenausstattung. Gestern wurde dann ein tansanischer Kronleuchter unter die Stuckdecke im Vortragssaal gehängt. Die Jungs waren so stolz mit dem Glitzergebimmel…
Schon auf dem Weg sieht man, welche Entwicklung in dieser Region eingesetzt hat. Plötzlich gibt es überall kleine Läden und wer keinen Laden hat, der sammelt Mangos, wie die kleinen Kinder auf dem Bild, um sie an die Vorbeifahrenden zu verkaufen.
Spätestens Ende nächsten Jahres können die Gäste kommen… Karibu sana!