Solidarität
Tansanische Kinder bieten uns hier immer wieder ganz besondere Lektionen an… Mit drei Kleinkinder aus St. Katharina waren wir heute in St. Loreto bei den Kindern mit körperlichen Behinderungen. So schnell konnten wir gar nicht schauen und eines der Kinder hat uns das Kleinkind vom Arm und mit genommen. Beeindruckend wie die Kinder sich über den Besuch der Kleinkinder freuen und sich sofort um sie kümmern.
Beeindruckend aber auch mal wieder wie die Kinder von St. Loreto sich gegenseitig helfen oder wie die „Neuen“ in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Zum Beispiel habe ich Paulina aus Ruanda mit ihren Klappfüßen zuerst gar nicht erkannt, so selbstverständlich war sie schon Teil der Gemeinschaft. Sie dagegen hat mich gleich erkannt und sich gefreut, als ich endlich kapiert habe, wer sie ist. Es war wirklich deutlich zu sehen, dass es ihr gut geht und sie die Gemeinschaft genießt. Gleich hat sie mir auch ihre neuen Freundinnen gezeigt. Leider ist nun klar, dass sie neben den Klappfüßen, die hoffentlich bald operiert werden können, auch auf einem Auge blind ist.
Zukunft in Tansania
Neben den Besuchen im neuen Waisenheim St. Katharina und im Heim für Kinder mit Behinderungen Loreto beschäftigt mich vor allem unser Gespräch mit dem Bischof von Mbinga. Überall drehte es sich um das Thema Zukunft.
Im Waisenheim war es Maria, die vor drei Tagen aus dem Kindergarten gebracht wurde. Die alte, fast blinde Oma ist nicht mehr fähig, für die fünfjährige Maria zu sorgen. Maria hatte die ganzen Füße voller Sandwürmer und konnte nicht mehr laufen. Nun geht es darum, eine Perspektive für Maria zu entwickeln. Fürs Waisenhaus ist sie eigentlich schon zu alt.
In Loreto haben wir kurz auch die Kinder angeschaut, die dringend operiert werden sollten, weil ihre Missbildungen mehr oder weniger reparabel sind – und doch fehlt es an allem: am Arzt, am Geld, an der Nachbehandlung…
Im Gespräch mit dem Bischof bezüglich der Zukunft der Gemeinschaft kamen wir auf die politische Situation im Lande zu sprechen. Und er berichtete über die dramatische Landgrabbing-Aktion hier in der Region. Schon seit vielen Jahren arbeiten die Kleinbauern der Diözese gemeinsam mit der Diözese Würzburg mit einem Fairhandel-Kaffee-Projekt. Doch jetzt wurde eine riesige Kaffeefarm in der Nähe aufgebaut. Ganze Dörfer wurden vom ihrem angestammten Land vertrieben, Wasserrechte wurden ignoriert unter anderem z.B. den Benediktinerinnen von Chipole buchstäblich das Wasser abgegraben. Doch besonders dramatisch ist, dass die Kleinbauern vom vermeintlich sicheren Lohn angelockt werden, ihre Farm aufgeben und für 2000 TSH am Tag auf der Kaffeefarm arbeiten. 2000 TSH am Tag reicht nicht um eine Flasche Bier zu kaufen, geschweige denn eine Familie zu ernähren.
In manchen Dörfern nimmt die Situation Auswirkungen an, die den Bischof im Hinblick auf die lange Tradition des fair gehandelten Mbingakaffee traurig stimmen. Er sieht die Weiterführung des Projektes gefährdet und kämpft einsam und verlassen gegen die großen Kaffeefarmer, die korrupte Regierung und die Ignoranz oder Müdigkeit der Menschen.
Luxus – einen ganzen Tag in Loreto zu verbringen
In Tansania sind gerade Schulferien, doch wie immer konnten nicht alle Kinder in Loreto nach Hause. Manche mussten im Internat bleiben, weil sie Firmunterricht in der Stadt haben, manche konnten nicht nach Hause, weil sie dort nicht erwünscht sind oder kein Zuhause mehr haben.
Schon seit Tagen haben die Kinder auf unseren Besuch gewartet, weil sie schon wissen, dass wir Soda mitbringen. Dieses Mal gab es auch noch eine Riesenpackung Haribos. Von Lakritze konnten wir aber keines der Kinder überzeugen. Sie waren mal wieder entsetzt über die Weißen, die so seltsame Sachen essen wie schwarze Lakritzschlangen!
Natürlich waren wir nicht ausschließlich zum Spielen mit den Kindern in Loreto. Ein Workshop mit den Schwestern stand auf dem Programm. Intensiv haben wir an der zukünftigen Ausrichtung gearbeitet und sind auch einige Schritte weiter gekommen. Aufträge wurden festgelegt, Aufgaben verteilt, Verantwortliche bestimmt und dann werden wir uns im September wieder treffen, um weiter zu arbeiten.
Heute Abend stand noch das Abschlussgespräch mit dem Regionalrat auf dem Programm und morgen treten wir schon wieder die Heimreise an.
Abschiedsbesuche
Unsere Antrittsbesuche waren gleichzeitig die Abschiedsbesuche. Nachdem wir nach dem Mittagessen genug von Sitzungen und Meetings hatten, blieb gerade noch Zeit in die Stadt zu gehen und in St. Katharina vorbei zuschauen, bevor es zum Bischof und nach Loreto ging. Aus dem ehemaligen kleinen Altenheim in St. Katharina ist nun ein “Mehrgenerationenhaus” geworden. In der letzten Zeit wurden immer wieder Kinder vor dem Regionalhaus abgelegt und es war immer schwierig, für diese Findelkinder einen guten Platz zu finden. Nun haben die Schwestern den Impuls aufgegriffen, St. Katharina renoviert, und jetzt leben bei den zwei alten Bibis (Großmütter) zwei Schwestern und zwei Findelkinder. Doch das werden sicher nicht die Letzten sein, wenn man die Lebensbedingungen von Frauen und Mütter hier betrachtet. Fürs erste scheint der Start jedoch gelungen sein.
Das Highlight des Tages war jedoch das Wiedersehen mit den behinderten Kindern in Loreto. Das erste Mal sahen wir das in einen Therapieraum um funktionierten Fernsehzimmer. Es gibt noch viel zu tun, deshalb haben wir vereinbart, bald zu einem Workshop über die pädagogischen Ziele und die Zukunftspläne zu machen.