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Zurück nach Dar es Salaam (Gastautor: Dr. T Broch)

Zurück nach Dar es Salaam

Sieben Uhr: frühes Frühstück im Gäste-Refektorium der Benediktiner, gemeinsam mit den deutschen Freiwilligen, von denen zwei schon mit großem Gepäck zum Aufbruch bereit sind. Die Abteikirche, die wir noch kurz besuchen wollen, ist leider verschlossen – so bleibt ein letzter Blick auf die Fassade, bevor wir um acht Uhr zur letzten Tagesreise aufbrechen: Dar es Salaam. In der nächsten größeren Ortschaft, die wir in östlicher Richtung erreichen, Mtama, herrscht bereits reger Marktbetrieb. Später folgen wir dem breiten Tal des Lukuledi, der den letzten Bergzug vor dem Indischen Ozean durchquert. Die Gegend ist hier fruchtbarer und wirkt wohlhabender. Der Baumbestand ist grün und dicht; die Palmen, die zunächst nur in Gruppen stehen, werden immer mehr zu Palmenwäldern. In Mahambiki teilt sich die Straße: nach Süden zweigt sie in Richtung Mtwara und Moςambique ab, wir nehmen den Weg nach Norden Richtung Lindi und Dar es Salaam. Rund 470 km liegen an diesem Tag noch vor uns.

Mahambiki scheint ein größerer Umschlagplatz zu sein, wenigstens könnte man dies aus den vielen Trucks schließen, die hier links und rechts parken. Wir kommen dem Meer ziemlich nahe. Der Rudamba, der hier wie zahlreiche andere kleine und größere Flüsse – teils mit Wasser, teils trocken – dem Meer zustrebt, bildet kurz vor der Stadt Lindi eine schmale, lang gezogene Mündungsbucht, an wir über eine längere Strecke hinweg an großen rechteckigen Feldern vorbei fahren, in denen das Meerwasser gesammelt wird und zur Salzgewinnung verdunstet. Mangrovenhaine zeugen von Ebbe und Flut. Dann, in Lindi selbst, kommt der Indische Ozean in der Lindi-Bay bis fast an die Straße heran, bevor diese wieder weiter auf der Höhe zum Landesinneren hin verläuft.

In Kiranjerange gibt es einen unfreiwilligen Halt: Joseph wird von der Polizei angehalten; es ist in eine Radarfalle gefahren und muss 30.000 TZS bezahlen, weil es 25 km/h zu schnell war. Das ist viel Geld, für manchen Tansanianer ein ganzes Monatsgehalt. Er ist nicht der einzige, der bezahlen muss; so gut wie jeder Wagen wird angehalten, es scheint eine einträgliche Stelle für die Polizei zu sein.

Der Straße entlang werden viele neue Häuser gebaut, und zwar in der traditionellen Bauweise aus Stangengerüsten, deren Fächer mit Lehm ausgefüllt und nur so weit von außen verschmiert werden, dass man die Gerüststruktur noch erkennen kann. Immer wieder fahren wir an weitläufigem eingezäuntem Firmengelände vorbei, auf dem große Kalksteinbrocken lagern, manche behauen, andere roh. Sie scheinen in nahe gelegenen Steinbrüchen gebrochen zu werden. Viele sind bereits auf lange Tieflade-Trucks geladen und warten darauf, abtransportiert zu werden. Nur eine kurze Distanz von unserer Straße entfernt liegt Kilwa Kivinja am Meer, dessen historische arabische und koloniale Gebäude sehenswert sein müssen, da sie eigens auf der Landkarte ausgewiesen sind. Weiter im Norden bei Ndundu Rufiji überqueren wir den Rufiji, der zum Meer hin in ein breites sumpfiges Delta ausfächert. Bereits seit Längerem sind wir immer wieder an großen sumpfigen Wasserflächen mit armseligen Fischerhütten vorbeigefahren. Auch ein Storch hat sich da und dort eingefunden. Er scheint aber um diese Jahreszeit so wenig Wasser zu führen, dass wir ihn vom Auto aus gar nicht wahrnehmen. Der Rufijii, zu dem sich im Landesinneren mehrere andere Flüsse verbinden, gehört zu den großen Flüssen Tansanias und durchquert fast den ganzen Selous-Nationalpark. Je näher wir ihm im Hügelland kommen, desto üppiger wird die Vegetation, nicht zuletzt mit Bananenhainen und Palmen, und desto dichter und wohlhabender wird die Besiedlung, nachdem zuvor über weite Strecken hinweg die blanke Armut sichtbar war.  Auf den Märkten der Dörfer herrscht um diese Zeit, es ist gegen vier Uhr, reger Betrieb. Atmosphäre und Klima wirken tropisch. Hier sind wir dem Indischen Ozean wieder sehr nahe und befinden uns seit geraumer Zeit im Distrikt Pwani, nach dem wir lange durch den Distrikt Lindi gefahren sind. Im Distrikt Pwani liegt auch Dar es Salaam. Aber bis dorthin ist es noch ein gutes Stück Weg.

Alle diese Hinweise sollen nicht vergessen lassen, dass unsere Route oft über Dutzende Kilometer hinweg durch weite, nahezu völlig unbewohnte und menschenleere Savanne geführt hat. Vielleicht ist ja hier doch noch Lebensraum für Wildtiere, aber wir bekommen keine zu Gesicht.

Gegen 18 Uhr also erreichen wir die Vororte von Dar es Salaam, nachdem die immer stärker werdende Dichte der Besiedlung und des Verkehrs, die Menge der Menschen auf den Straßen, auf den Märkten, vor den Häusern und nicht zuletzt die zahlreichen großen Wirtschafts- und Industrieunternehmen die Nähe der inoffiziellen Hauptstadt schon seit Längerem angekündigt hatten. Auch die Firma Knauf aus Oberndorf am Neckar ist hier mit einem Gipswerk präsent. Joseph steuert unser Fahrzeug sicher und souverän durch das Verkehrschaos der Millionenstadt. Pünktlich um sieben Uhr treffen wir bei den Benediktinern in Kurasini ein, deren Gastfreundschaft wir zu Beginn der Reise bereits genossen haben. Dort treffen wir auch vier junge Freiwillige aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart: Franziska, Luisa, Klara und Ronja. Sie werden jetzt dorthin aufbrechen, wo wir soeben herkommen, und ein Jahr ihres Lebens mit den Menschen dort teilen. Unsere allerbesten Wünsche geben wir ihnen mit auf den Weg.

Ausblick auf Samstag, 12. August:

Sr Anna-Luisa bietet sich an, vormittags mit denjenigen in die Stadt zu gehen, die dies noch wünschen. Nach dem Mittagessen werden wir dann zum Flughafen aufbrechen und um 16.45 Uhr zunächst nach Dubai und dann weiter nach München fliegen. Wenn alles nach Plan verläuft, werden wir am Sonntag, dem 13. August, um 8.35 Uhr in München ankommen und dort mit Auto und Bahn nach Untermarchtal bzw. nach Pfaffenweiler fahren. Dann wird eine sehr bewegende, eindrucks- und erfahrungsstarke Reise zu Ende gehen.

Asante sana Tanzania!