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Es ist wie heim kommen (Gastautor: Dr. Thomas Broch)

Ein neuer Tag, ein neuer Reisetag. Um 9.30 Uhr verlassen wir die Kommunität der Benediktiner von Kurasini wieder und kämpfen uns durch den Verkehr Richtung Flughafen Dar es Salaam – diesmal nicht zum internationalen Bereich, sondern zu dem kleineren und von Alterspatina gezeichneten nationalen Sektor, wo wir uns für den Flug TC116 der Air Tansania nach Songea einchecken – nicht ohne Hindernisse: der Officer am Schalter ist nicht gewillt, das Übergewicht unseres gesamten Gepäcks durchgehen zu lassen, aber nach längerer Diskussion und der Entrichtung einer Zusatzzahlung können wir auch hier passieren. Warten am Gate, pünktlich um 12 Uhr gehen wir zu Fuß über das Flughafengelände zu unserem Flugzeug, einer Turbo-Prop-Maschine – kleiner, gemütlicher, aber voll von Menschen, die entweder wie wir nach Songea fliegen wollen, oder – deutlich weniger – weiter nach Mtwara am südlichen Ende der tansanischen Küste vor der Grenze zu Moςambique. Dort wollen wir auch noch hin, aber erst am Ende der Reise.

Pünktliche Ankunft in Songea. Der Flughafen entbehrt nicht einer gewissen nostalgischen Romantik: der Boden des Rollfeldes war vielleicht einmal asphaltiert, jetzt besteht er nur noch aus gestampfter Erde, über die wir zu Fuß zum Ausgang gehen; später folgt in einem riesigen Handwagen, gezogen von zwei Bediensteten, das Gepäck. Am Maschendrahtzaun warten schon die Schwestern von Ruhuwiko auf uns, und nach kurzer Kontrolle in der Abfertigungshalle, einer Baracke ähnlich wie in dem Film Casablanca, begrüßen wir uns gegenseitig aufs herzlichste. (Nicht zu vergessen: In einer Halle auf dem Flughafengelände stehen drei (!) Feuerwehr-Löschfahrzeuge; man kann ja nie wissen …)

Mit zwei Fahrzeugen geht’s nach Ruhuwiko. Dort herzlicher Empfang und Mittagessen. Da wir in ein paar Tagen wieder dorthin zurück kommen werden, genügt hier die kurze Erwähnung.

Anschließend kommt das Gepäck aufs Dach des Landrovers und unsere fünfköpfige Reisegruppe nebst Fahrer ins Innere – Richtung Mbinga. Auf der verhältnismäßig gut ausgebauten Straße (von der US-Regierung finanziert, wie Werbeschilder deutlich machen), einer Dammac-Road, wie man im Afrika sagt (abgeleitet vom Erfinder asphalierter Straßen namens McAdams) führt die Route durch die weite Savannen-Landschaft, staubig von der roten Erde, immer wieder vorbei an kleinen Häusern und Häusergruppen aus roten getrockneten Ziegeln, von denen immer wieder Depots neben der Straße stehen; bei den meisten Anwesen, so hat man den Eindruck, ist mindestens ein Gebäude noch nicht fertig oder schon wieder verfallen. Es geht vorbei an kleinen Bars mit Coca-Cola-Werbung, vor denen junge und ältere Männer sitzen; vorbei an Frauen, die Wäsche waschen oder aufhängen, vorbei an Kindern, die sich durchaus vergnügt mit sich selber beschäftigen können oder mit einen alten Autoreifen spielen oder einfach am Straßenrand stehen und dem Auto mit den vielen Weißen neugierig entgegen schauen und etwas schüchtern nachwinken.

Allmählich wird die Landschaft hügeliger, dann bergiger; die Straße führt steiler bergauf und wieder bergab, die Kurven werden enger. Die Ausblicke werden weit und schön. Die Farbe der Vegetation wechselt von einem staubigen Gelb und Grau in saftiges Grün. Plantagen mit Kaffee oder Bananen oder Mais säumen den Weg. In einer Kurve halten wir an einem Kreuz: Robert Reutter steht darauf. Der Freund und Förderer des Klosters in Mbinga ist hier am 30. August 2016 tödlich verunglückt, seine Frau schwer verletzt. Am Abend im Kloster wird spürbar, dass der Schock und die Trauer immer noch nachwirken.

Nach rund zwei Stunden Fahrt erreichen wir Mbinga, den „zentralen Markt- und Distriktort im kühleren Matenga-Hochland“, wie der Reiseführer erwähnt. Mbinga ist auch Bischofssitz. Und er ist vor allem Standort für das Kloster der Region Mbinga der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Untermarchtal. Der Klosterbereich mit seinem gepflegten Gebäuden und farbenfroh bepflanzten Gartenanlagen wirkt wie ein eigener Kosmos. Bereits am Eingangstor werden wir von jubelnden Schwestern begrüßt, mit Trommeln und Gesang im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist überwältigend, diesen herzlichen Empfang zu erleben, die Wiedersehensfreude mit den deutschen Schwestern und auch mit Florian Hecke, die wissbegierig-freundliche Offenheit gegenüber den neuen und noch unbekannten Gästen.

In der Kapelle des Konvents gilt im gemeinsamen Gebet Gott der Dank für die gute Ankunft der Gäste. Die Zimmer werden bezogen, Nachmittags-Kaffe- oder Tee eingenommen, später das Abendessen – und immer wieder große Freude beim Wiedersehen mit Schwestern, die später dazu stoßen.

„Hierher zu kommen, ist immer wie heimkommen“, sagt Florian Hecke. Ja. Das kann man spüren und gut verstehen.

Hier also wird in den nächsten Tagen unser Zuhause sein.