Sonntag in Mbinga – Tag des Herrn
Ein richtiger Sonntag… wie schön. Überall kommen und gehen Menschen in unterschiedliche Gottesdienste, nehmen sich Zeit für Gott und für Besuche bei Freunden… und das funktioniert auch ohne gesetzliche vorgeschriebene Ladenöffnungszeiten o.ä. Natürlich kann man sonntags in Mbinga einkaufen, sonntags und freitags… je nach Konfession hat der eine Händler am Freitag ein paar Stunden geschlossen, ein anderer hat dafür offen und schließt stattdessen sonntags. Religiöse Koexistenz auf tansanisch…
Wir hatten heute Zeit für Begegnungen. Nach dem Gottesdienst und einem kurzen Besuch in der VTC Berufsschule St. Monica (siehe Bild) luden uns eine Gruppe Menschen mit Hörschädigungen zum Tee ein. Sie treffen sich auf jeden Fall sonntags nach dem Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Alois, der seit Kurzem von Sr. Avelina und einer jungen Lehrerin in Gebärdensprache übersetzt wird, zum Tee und am späten Nachmittag zum Fussballspielen und nennen sich Gruppe der Menschen mit Hörschädigungen des hl. Vinzenz. Es war eine Begegnung voller Entgegenkommen, Offenheit und Freude. Immer wieder haben sie betont, wie unser Besuch diesen Tag zu einem gesegneten Tag macht, denn Gäste sind ein großer Segen, ganz besonders wenn sie so einen weiten Weg auf sich genommen haben. Und sie haben nur einen Wunsch, so ihr Sprecher, sie wollen so gerne sich mit Menschen mit Hörschädigung aus unserer Heimat verbinden, denn Verbundenheit wäre eine Stärke, die sie mit ihrem Handicap besonders brauchen. Wie immer waren wir die Beschenkten, als wir uns verabschiedeten.
Am Nachmittag war dann Zeit zum Nachmittagskaffeebesuch bei zwei indischen Ordensschwestern, die gegenüber wohnen. Auch hier waren wir beeindruckt, wie froh und stolz sie für uns lauter Spezialitäten aus Indien zubereitet hatten. Nach einem ersten Kennenlernen öffneten die leckeren Süßigkeiten uns schnell für ernste Gespräche über die Herausforderungen des Ordenslebens in unterschiedlichen Kulturen, die uns sicher noch einige Zeit beschäftigen werden.
Ein schöner Tag geht zu Ende – Sonntag – Tag des Herrn.
Einmal quer übers Land geflogen
Früh am Morgen ging es auf den Flughafen nach Dar es Salaam und von dort quer übers Land nach Mbeya an der Grenze zu Sambia. Als wir an die Flugbuchung gingen, war der Flughafen in Songea vollständig gesperrt. Dort wird die Landebahn verlängert. Gott sei Dank, muss ich ehrlicherweise sagen, denn die größere Maschine, die seit einem Jahr geflogen ist, kam immer erst kurz vor der Grasnarbe zu stehen und manche der Schlaglöcher waren bei Regen kleiner Seen. Kurzfristig zerstörte diese Baumaßnahmen zwar unsere Reiseplanung, langfristig ist diese Aktion aber sicher zu unserer Sicherheit! Also, wählten wir als Alternative den Flug nach Mbeya im Wissen, dass es ein anstrengender Tag mit einer langen Autofahrt wird. Kurz vor Reiseantritt erfuhren wir dann, dass die kleine Cessna Songea dreimal in der Woche anfliegt, aber da war es schon zu spät. Ich war nicht traurig, dass mir dieser Höllentrip erspart blieb. Unsere lange Autofahrt verlief dann auch ganz gut und sicher, durch eine herrliche, sich immer wieder verändernde Landschaft. Glücklich und dankbar kamen wir gegen 21 Uhr in Mbinga an.
Stippvisite in Segerea
Seit August 2016 leben Sr. Gemma und Sr. Hilaria nun in der Segerea, einem Vorort von Dar es Salaam. Sr. Gemma baut dort gerade eine Englisch-Medium-Primary School auf und Sr. Hilaria arbeitet in der Sakristei der riesengroßen Pfarrkirche und als Katechistin. Seit einigen Monaten werden sie von Sr. Restituta unterstützt. Inzwischen ist das Haus auch fast vollständig eingerichtet und es wirkt wirklich so, als wären die Schwestern nach vielen Anfangsschwierigkeiten angekommen. Sr. Gemma freut sich riesig, dass nun in einem außergewöhnlichen raschen Tempo die Schule gebaut wird. Im Erdgesch0ss unterrichtet sie schon, während im ersten Stock gerade mal der Rohbau fertig ist. Unterrichtet wird in englischer Sprache, nur in Religion lernen die Kinder die Gebete in ihrer Muttersprache und dann gibt es natürlich noch das Fach Kisuaheli. Ab nächste Woche muss die Kirche schon wieder saniert und vergrößert werden. Dann fällt während der Bauarbeiten der Raum für den Kindergottesdienst weg. Das bedeutet, dass am Sonntag vier Messen stattfinden. Viermal wird die Kirche voll sein, so Sr. Hilaria. Sr. Restituta, die aus Matamba, einer Diasporagemeinde, nach Dar es Salaam kam, ist hoch erfreut über diese lebendige Gemeinde. Auf dem Bild eine von vielen Kindergruppen, die sich auf die Abendmesse vorbereitet.
Nehmt Neuland unter den Pflug
Während in Untermarchtal alle Zeichen Richtung Jugendtag stehen, die Vorbereitungen in vollem Gange sind und sich erste Sternwallfahrtsgruppen schon auf den Weg Richtung Untermarchtal machen, sitzen Sr. Elisabeth und ich auf dem Münchner Flughafen und warten auf unseren Flug nach Dar es Salaam über Dubai. Im Laufe des Nachmittags werden wir voraussichtlich in Dar es Salaam ankommen.
“Nehmt Neuland unter den Pflug” das Thema des diesjährigen Jugendtags wird für uns auf eine etwas andere Weise konkret. Wir fliegen zur zweiten Sitzungsetappe des ersten tansanischen Regionalkapitels. Sehr spannend -für uns! Die Vorbereitung lag weitgehend in den Händen des neuen Regionalrats. Neuland für alle Beteiligten. Wir werden uns also überraschen lassen. Doch der Pfingstgeist reist mit!
Hapa kazi tu (2)
Inzwischen sind wir im zweiten Workshop. Dieses Mal geht es vor allem um die aktuelle Situation der neuen Regionalleitung. Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Pflichten und Rechte werden diskutiert, Rollenbeschreibungen und Abläufe festgelegt – und dann wagen wir immer wieder einen Blick in die Zukunft, schauen auf die zukünftige Provinz. Alles sehr spannend und trotz den vielen Herausforderungen, gehen die Schwester richtig mutig und engagiert ins Morgen. Morgen geht es dann weiter und wir werden konkrete Schritte für die nächsten sechs Jahren vorbereiten.
54 Jahre “in der Mission”
So viele Menschen bei einer Beerdigung, unglaublich! 54 Jahre war Bruder Polykarp in Peramiho. Er sprach Kingoni wie ein Ngoni. Kingoni ist der Dialekt der Volksgruppe der Ngoni, die in der Nähe von Peramiho lebt. Auf der Fahrt zur Beerdigung nach Peramiho berichten die Schwestern mir schon voller Bewunderung, wie gut Bruder Polykarp singen und tanzen konnte. Vor allem aber waren sie völlig beeindruckt, dass er trommeln konnte wie ein Ngoni. Er hatte zwei Musik- und Tanzgruppen gegründet, eine davon begleitet nun seinen Sarg ans Grab. Eine spannende Mischung entstand, Wangoni-Tanzrhythmen mit benediktinischen Gesängen.
Vielleicht ein gutes Symbol für das Leben von Bruder Polykarp, das hier in Tansania seine Erfüllung fand.
“Hapa kazi tu”
“Hapa kazi tu” ist der Wahlspruch des aktuellen Präsidenten Magufuli. Mit “Hier ist nur Arbeit” versucht er, die Menschen zur Arbeit zu motivieren. Unsere letzten Tage standen auch unter diesem Motto. Ein Besuch in Mikalanga, um die neuen Partnerschaftsprojekte vorzubereiten und uns das frisch sanierte Schwesternhaus anzuschauen, ansonsten geht jede und jeder von uns nach dem Frühstück speziellen Aufgaben nach. Florian arbeitet mit Sr. Martina und Sr. Adela weiter am Aufbau der Verwaltung, Kerstin bereitet mit unterschiedlichen Schwestern die Anträge bzw. Reports der Kleinprojekte vor, Sr. Hanna Maria wertet die Workshops aus, fasst die Ergebnisse zusammen und dazwischen sind immer wieder Gespräche, kommen Gäste, Partner und stehen kleine Spaziergänge in die Umgebung auf dem Programm. Zwischendrin werden wir dann durch den Zuruf einer Schwester oder eines Mitarbeiters mit “Hapa kazi tu” – mit einer leicht ironischen Färbung – ermuntert.
Wiedersehen in St. Katharina
Eine kleine Gruppe Kinder aus dem Waisenhaus St. Katharina ist immer im Sonntagsgottesdienst. Nach dem Gottesdienst nahmen die kleinen Mädchen unsere Hand und zogen uns zielstrebig ins kleine “Mezani”, das Speisezimmer für die Gäste. Scheinbar hatte die Messe hungrig und durstig gemacht. Unser Willkommenskuchen fand so erste kleine Freunde. Fasziniert von den Kleinen hätten wir fast unser eigenes Frühstück vergessen.
Wir verabredeten uns dann aber für den Nachmittag. Zweieinhalb Jahre ist es nun her, dass Kerstin die Kinder das letzte Mal sah und sie war einfach überrascht, wie schnell Kinder in zweieinhalb Jahren wachsen, sich verändern – oder eben auch nicht. Vincent ist immer noch der gleiche Charmeur und keine kann so eine “Schnute ziehen” wie Blandina…
Doch wir trafen auch zwei Neuankömmlinge, besser gesagt drei! Zwillinge mit ihrer Mutter! Sr. Asteria erzählte uns, dass die Kinder vor anderthalb Jahren zur Welt kamen. Doch beide sahen erbärmlich aus. Einer der Zwillinge wirkte wie eines der Kinder auf den Bildern aus einem Flüchtlingslager im Jemen oder im Südsudan – unterentwickelt, unterernährt, krank. Man erkennt es an den Beinen, der Hautfarbe, den Haaren, den Reaktionen, dem Wimmern… Nach ersten Momenten des Schockiertseins beginne ich zu verstehen. Die Mutter hat eine starke geistige Beeinträchtigung und scheint auch nicht fähig zu sprechen, vor allem aber kann sie ihre beiden Kinder nicht versorgen. Nun hoffen die Schwestern, sie wird es in einigen Tagen bzw. Wochen im Kinderheim lernen und dann ihre Kinder zu Hause versorgen. Ich bin inzwischen vorsichtig mit meinen Prognosen in solchen – scheinbar aussichtslosen – Fällen. Hier können Dinge möglich werden, die für mich unmöglich erscheinen. Aber nun bin ich wirklich skeptisch – und mal wieder hilflos. Wo wird der Weg dieser beiden Jungs wohl hinführen?
Reise mit Hindernissen
Gut in Dar es Salaam angekommen, ging es am Donnerstag gleich nach Segerea und Luhanga, um die Schwestern zu besuchen. Dar es Salaam war entsetzlich heiß und wir waren froh, als wir uns am Freitag wieder auf die Reise machen konnten. Ob das Huhn in unserem Kofferraum sich gefreut hat, wage ich zu bezweifeln. Seine letzten Stunden waren gezählt.
Neben dem Huhn war das Auto übervoll – mit Koffern, Einkäufen und Schwestern. Ja, und Kerstin, eine der Prokuramitarbeiterinnen war auch mit von der Partie. Dösend, betend, schwätzend, vor allem aber schwitzend erschraken wir kurz vor dem Mikumipark an einem Knall. Einer der Reifen war geplatzt. Gott sei Dank waren wir nicht so schnell unterwegs, so dass Josef, unser Driver das Auto schnell zum Stehen gebracht hat. Ebenso schnell war auch der Reifen gewechselt. Hilfe war auch rasch da, ein junger Bauarbeiter, der den doch heftigen Verkehr, um uns herum regelte und als Dank unser Huhn erhielt, dem es wohl doch ein wenig zu heiß geworden war.
Zum Glück passierte es kurz vor dem Mikumipark. Wilde Tiere aus dem Auto heraus anschauen, ist doch sehr spannend. Eine Panne im Park wäre doch ein wenig zu viel Spannung für uns gewesen.
In der nächsten Stadt nach dem Mikumipark suchten wir sofort eine Werkstatt auf, um einen neuen Ersatzreifen zu kaufen. In der “Rambo Garage” beim “King of the Road” wurden wir dann Zeuge tansanischer Mechanikerhandarbeit. Unglaublich!
Gott sei Dank, denn wenige Stunden später gab es den nächsten großen Knall. Dieses Mal hinten links. Auf den Felgen bei durchaus höherem Tempo kam Josef problemlos zum Stehen. Völlig zerfetzt lagen die Reste des Reifens auf der Straße. So schnell also wurde unser neuer Ersatzreifen gebraucht.
Ein wenig unsicher fuhren wir weiter, auf der Suche nach einer neuen Werkstatt auf dem Weg nach Ilunda. Erst in Iringa fanden wir dann wenigstens einen Reifen. Allerdings war es schon dunkel und es gab niemanden mehr, der uns den Reifen aufgezogen hätte. Doch inzwischen hatte es ja auch ein wenig abgekühlt und die Gefahr einer neuen Panne war geringer geworden.
Dafür war es aber auch richtig spät geworden und wir waren noch weit von Ilunda entfernt und die Autofahrten im Dunkeln in Tansania sind alles andere als ungefährlich. Doch irgendwann gegen Mitternacht kamen wir sicher und vor allem sehr müde in Ilunda an. Doch die größte Leistung ging an diesem Tag von unserem Fahrer – und unseren Schutzengeln aus.
Überraschender Besuch
Nachdem wir am Dienstag morgen unsere Arbeit mit der Verteilung von vielen Hausaufgaben weitgehend abgeschlossen hatten, tauchte plötzlich Besuch auf. Aufgrund der politischen Situation konnten auch die Delegierten des Koordinationsbüro aus Philadelphia der vinzentinischen Familie nicht ins Landesinnere reisen und haben sich in Addis Abeba auf die Suche nach Mitgliedern der vinzentinischen Familie gemacht. Und wir haben uns von ihnen finden lassen…
Die Überraschung war auf beiden Seiten groß. Kurz entschlossen sind wir am Nachmittag zum ersten Koordinationstreffen der Mitglieder der vinzentinischen Familie in Äthiopien gegangen und haben sie mit tansanischen und deutschen Mitgliedern hoffentlich ein wenig bereichert.
Die Türen für die anderen Mitglieder der Familie öffnen und sich vernetzen, ist also auch das Thema in Äthiopien. Und wie überall auf der Welt ist respektvolle und wertschätzende Kommunikation doch eine riesige Herausforderung. Die vinzentinische Frauenvereinigung wünscht sich mehr Anerkennung, der Vinzentiner in der Pfarrei wünscht sich Unterstützung beim Aufbau der vinzentinischen Jugendarbeit, unsere Schwestern suchen jemand, der mit ihnen einmal im Quartal zum vinzentinischen Charisma arbeitet… und auf einmal ergeben sich im Gespräch neue Möglichkeiten und die Angebote fliegen nur so über den Tisch.
Besonders bewegt sind alle von der Not der Flüchtlinge im Land, aber auch der Flüchtlingsbewegung aus dem Land, gleichzeitig scheint es aber sehr schwer zu sein, gerade bei diesem riesigen gesellschaftlichen Problem in Bewegung zu kommen… und – auch hier – die politischen Hürden zu überwinden.