Nairobi? Kenia? Warum eigentlich?
Zwischen all der Aufregung haben sich manche Leser*innen vielleicht gefragt, warum wir wohl nach Nairobi geflogen sind.
Im vergangenen Jahr kam die Anfrage bei der Ordensleitung an, Schwestern nach Kenia in eine Einrichtung für Kinder mit Mehrfachbehinderungen zu senden. Irgendwie hörte es sich wie eine gute Möglichkeit für die wachsenden Gemeinschaft in Tansania an. Deshalb haben wir uns hier jetzt auch mit Sr. Zeituni aus Tansania getroffen, um die Kontakte ein wenig zu vertiefen und die Aufgabe kennen zu lernen.
Inzwischen haben wir uns eines der schon bestehenden Projekte angeschaut, eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit verschiedenen geistigen und körperlichen Behinderungen und wir waren wirklich positiv überrascht über die Arbeit dort. Nur 9 von 120 Kindern können die Primary School im Dorf besuchen. Alle anderen werden entsprechend ihrer Möglichkeiten in vier unterschiedlichen Gruppen betreut.
Entsprechend der begrenzten Möglichkeiten werden die Kinder gefördert und sollen den Kontakt zu ihren Familien nicht verlieren, damit sie jederzeit wieder zurück kehren können. Dazu gehört auch, dass sie auf ein möglichst selbstständiges Leben vorbereitet werden und kleinere handwerkliche Dinge erlernen können.
Bevor diese Einrichtung in der Gegend bekannt wurde, fristeten diese Kinder oft im Haus eingeschlossen und versteckt ihr Dasein. Nun erhalten sie in Mbiuni, St. Marys Rehabilitation Centre Förderung und Betreuung.
Eine wirklich wertvolle Aufgabe!
Und plötzlich ist das Leben ein großes Geschenk
Gestern morgen mussten Sr. Gabriele Maria und ich von Kerstin, Klaus und den Schwestern Abschied nehmen, um nach Nairobi zu fliegen. Schon die Fahrt zum Flughafen war von unterschiedlichen Eindrücken geprägt. So viele Straßenkinder wie noch nie und noch mehr Militärpräsenz in den Straßen und sogar auf den Dächern. Alle schwer bewaffnet.
Dann startete unser Flugzeug nicht zur geplanten Zeit und plötzlich verließen einige Passagiere fast fluchtartig das Flugzeug. Eine wirkliche Information gab es nicht und die Crew wirkte auch fast versteinert. Nach einer Stunde schaltete jemand endlich die Klimaanlage an, dann wurde mal ein Glas Wasser gereicht. Auffällig war nur, dass die Einheimischen immer nervöser wurden und immer häufiger das Flugzeug verließen.
Irgendwann antwortete dann eine Stewardess auf meine Frage und wir erfuhren, dass die Maschine, die vor uns nach Kenia flog, abgestürzt ist. Meine Güte. All die Menschen. Tot. Deshalb war auch die Crew so geschockt. Hatten sie doch gerade erfahren, dass ihre Kolleg*en gestorben sind. So viele Menschen, die um ihre Liebsten trauern. Und dann waren unsere Gedanken natürlich bei denen, die sich nun um uns Sorgen machten und die wir nicht erreichen konnten.
In meiner Tasche waren noch zwei Stückchen edler Schweizer Schokolade, die haben wir noch bewusst und mit Genuss verzehrt, bevor dann endlich das Flugzeug mit zwei Stunden Verspätung Addis verließ. In Nairobi hatten wir dann zu allem Überfluss auch noch Probleme mit dem Visum. Doch irgendwann konnten wir das Gebäude verlassen und wurden abgeholt. Nun können wir uns im Gästehaus der CMI-Father erst mal von den Aufregungen erholen und sind gespannt, was der neue Tag so bringen mag. Auf alle Fälle aber ist jeder Tag zuerst einmal ein Geschenk.
Rosenmontag 2019 – auf dem Weg nach Addis
Unterwegs sind heute viele “seltsame Gestalten”, Piraten, Mönche, Prinzessinnen, Hexen und immer wieder auch Clowns. Ab und zu werden Sr. Gabriele Maria und ich gemustert und es wird überlegt, ob wir wohl echt sind. Ja! Sind wir! Wir sind aber auch nicht auf dem Weg zu einem der Rosenmontagsumzüge im Rheinland. Wir reisen weiter, die erste Etappe führt uns nach Äthiopien.
Wie immer versuche ich mal über den Blog Lebenszeichen von uns zu geben – in der Hoffnung auf Internetverbindung. So detailliert durchgeplant ist unsere Reise dieses Mal nicht, vermutlich werden wir morgen gleich nach Nekemte aufbrechen, denn die Zeit ist knapp bemessen. Wir werden sehen!
Wieder daheim
Die Brezeln zum Heimkommen sind fast schon ein Ritual! Es geht doch nichts über ein herzliches Willkommen daheim!
Kaffee habe ich im Gepäck, viel Mbinga-Kaffee, Post und viele neue Ideen, neue Aufgaben, neue Adressen von Mitstreiterinnen und Mitstreitern… In einer Woche bricht Florian auf nach Tansania, um vor allem beim Aufbau der Verwaltung mit den tansanischen Schwestern weiter zu arbeiten und sie beim Erstellen der Projektberichte zu unterstützen. Deshalb müssen nun die Erfahrungen und Ergebnisse ausgetauscht und die nächsten Schritte geplant werden. So kann die Reise und die Wärme Tansanias und der Menschen dort noch eine Weile in meinem Herzen nachwirken.
Ein echter Traum…
Einen kleinen Schritt zur Verwirklichung eines lang gehegten Traums haben Sr. Janeth und ich heute gemacht. Seit fast zwanzig Jahren setzt die Gemeinschaft St. Egidio in Kooperation mit verschiedenen Gemeinschaften sogenannte DREAM-Projekte in der Subsahara-Zone um. An diesen Orten sollen Menschen, die mit HIV infiziert sind, eine Versorgung erhalten, die ihre gesamte Lebenssituation im Auge hat. Viele der Infizierten leiden zum Beispiel auch an Tuberkulose oder an Unterernährung.
Hier in Iringa fanden wir nun ein hochprofessionelles Labor zur HIV-Diagnostik im gesamten Umkreis von Iringa vor samt einer Dispensary und einer Nahrungsmittelausgabe für Schwangere, Neugeborene und die Patienten, die an Unterernährung leiden.
Lange schon träumen wir dieses Projekt gemeinsam auch in Mbinga umzusetzen, nun haben wir vereinbart, dass Sr. Emma, die für den Bau des Krankenhauses in Kihaha verantwortlich ist, sich die Einrichtung in Iringa anzuschauen, um notwendige Baumaßnahmen gleich zu integrieren.
Es wäre zu schön, wenn wir dieses Projekt tatsächlich in Mbinga realisieren können.
Sprachlos
Heute fällt es mir schwer, zu berichten. Gestern Abend schon haben die Schwestern hier in Ilunda von ihren Ängsten um die Kinder hier im Kinderdorf berichtet. Ganz in der Nähe fand man 12 Kinderleichen, die Organe entfernt. Wieder einmal ist unklar, ob die Organmafia oder irgendwelche pseudoreligiöse Praktiken dahinter stehen. Auf alle Fälle geht es um Geld, ungefähr 6 Mio Schillinge pro Kind, das sind weniger als 3.000 Euro. So viel ist ein Menschenleben wert!
Inzwischen steht ein Wächter auch tagsüber an der Einfahrt des Kinderdorfes, aber die Schwestern wissen, dass dieser Schutz nicht ausreicht.
Heute Morgen nun traf die Nachricht ein, dass in der Nähe unseres Kinderheims St. Katharina in Mbinga eine Frau auf ähnliche Weise ermordet und entstellt wurde.
Und dabei fällt mir wieder auf, dass niemand damit rechnet, dass die Polizei die Bürger in Zukunft vor solchen Gewalttaten schützen wird. Die Polizei lässt sich ihr Knowhow bei der Anstellung und Ausstattung der Wächter zahlen. Aber für alles andere sorgt der Einzelne – oder eben nicht.
Auch die Kinder wissen um die Gefahr und spüren die Angst der Erwachsenen. So gedrückt habe ich die Stimmung hier selten erlebt. Erst am Nachmittag, als die Sonne endlich alles erwärmte, wurde wieder gelacht und getobt.
Zu schnell rennt die Zeit
Sr. Janeth und ich fahren schon wieder durch den Regen. Alles ist grün. Der Mais ist schon fast 50 cm hoch. Es sieht alles so fruchtbar aus.
Heute morgen schon musste ich Mbinga verlassen. Die letzten zwei Tage standen noch Gespräche auf dem Programm. Vor allem aber war Zeit für die Erfahrungen und die Fragen der drei Freiwilligen. Spannend was die Drei so an ihren Einsatzstellen erleben, wie sie die so ganz andere Kultur erfahren, welche Herausforderungen sie sehen. Und es war mir eine echte Freude zu sehen, wie sie sich diesen Herausforderung und Fragen stellen. Isabel, Jana und Sarah, es hat mir viel Freude gemacht!
Heute Morgen gab es dann doch ein wenig Abschiedsschmerz. Irgendwie war die Zeit zu knapp. Aber wir sehen uns ja irgendwann wieder.
Ugali, Spinat und Dagga – Sonntagsessen in St. Monica
Inzwischen hat sich unsere ursprüngliche Reisegruppe in alle Winde zerstreut, mit dem Versprechen, sich zu den unterschiedlichen Themen wieder zu treffen und zusammen zu arbeiten. Ich bin in Mbinga zurück geblieben und hatte noch ein wenig Zeit mit Sr. Kaja, die Planungen für das begonnene Jahr anzuschauen.
Aktuell arbeiten Sr. Caritas und Sr. Kaja mit einer amerikanischen NGO (Nichtregierungsorganisation) zusammen, die immer wieder für 30 Jugendliche aus Familien, in denen die Eltern HIV-infiziert oder an AIDS erkrankt sind, eine kurze Ausbildung finanziert. Selbstverständlich sind einige der Jugendlichen selbst infiziert bzw. erkrankt. Drei Monate erhalten die Jugendlichen eine kurze Ausbildung im Nähen und Kochen und am Ende eine Nähmaschine, um sich ein kleines Einkommen zu erwirtschaften. Natürlich haben diese Jugendlichen zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit, die Berufsschule St. Monika für eine richtigen Ausbildung zu besuchen.
Doch das bedeutet, dass in bestimmten Zeiten im Jahr die Schülerzahl auf über 80 Schüler ansteigt. Unglaublich, so viele Jugendliche auf so engem Raum, ohne einen richtigen Speisesaal oder Aufenthaltsraum. Gekocht und gegessen wird im Moment im Freien. Heute, am Sonntag gibt es zum klassischen Ugali (Maisbrei) und Spinat Dagga, diese kleinen, getrockneten Fische aus dem Lake Niassa. Ein Festtag für die Jugendlichen und so lange es nicht regnet, essen die Jugendlichen auch gerne in dem schönen, blühenden Garten. Doch gerade jetzt in der Regenzeit kann es jeden Moment wieder beginnen, heftig zu schütten und damit wird klar, eine Halle muss gebaut werden.
Endlich in Mbinga angekommen
Gestern Abend kamen wir nach gefühlt 3000 überfahrenen Hubbel, die die Autofahrer zur Drosselung der Geschwindigkeit zwingen wollen, endlich in Mbinga an. Der Wechsel der Landschaft und die Gespräche über Literatur und unsere unterschiedlichen spannenden Projekte machten die Fahrt sehr kurzweilig. Eine seltsame Mischung. Till führte uns mit seinen Projekten immer wieder in Gedanken nach Nepal, nach Burkina Faso oder Mali. Luzius versuchte Till und mich von Schweizer Literatur zu begeistern und dazwischen landeten wir immer wieder bei den gesellschaftspolitischen Fragen rund um unseren Aufenthalt in Tansania – und das alles vor der beeindruckenden Kulisse Tansanias.
Heute nun stand wieder ein handfestes Projekt auf dem Programm. Das Krankenhausprojekt ging in den letzten Wochen erstaunlich gut voran. Ein Teil des gesammelten Geldes ist verbaut. Eigentlich war gedacht, wir beginnen klein und starten und bauen dann im laufenden Betrieb weiter. Doch auch hier haben die veränderten Vorgaben der Regierung uns mal wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun müssen wir schleunigst das OP-Gebäude und den Kreißsaal bauen. Vorher darf das Krankenhaus nicht eröffnet werden. Nun muss der Lageplan ein wenig umgeplant, die Kostenschätzung angepasst und dann wieder das Fundraising aufgebaut werden. All diese Themen konnten wir heute vorbesprechen, Aufgaben verteilen, damit die Arbeit gut weiter gehen kann.
Utengule – die Weite des Rift Valleys
Bis Mbeya sind wir irgendwie mit dem Flugzeug gekommen. Kurz vorher hat die Fluglinie ihren Betrieb eingestellt, aber irgendwie kamen wir in einem anderen, späteren Flieger unter. Seltsame Bewegung auf diesem Markt zur Zeit. Während vor zwei oder eher drei Jahren etliche neue, teilweise auch günstige Möglichkeiten des Flugverkehrs entstanden, wird es nun zunehmend schwieriger. Bin gespannt, welche Entwicklung das nimmt. Der Markt scheint sich zu regulieren, von Reisenden wird Flexibilität gefordert.
Doch unsere Unterkunft hier in Mbeya gehört in die Kategorie “Traum”. Zumindest für mich! Ein wunderschöner Ort mit sagenhafter Aussicht, Hanglage, mitten in der Natur, Blick auf die Weite des Rift Valleys – und einem Pool! Wie genial, nach solch einem Reisetag, neben Mangobäumen, an denen tatsächlich Nester von Ledervögeln hängen, einige Runden im Wasser zu drehen. Außer unserer Reisegruppe, die diesen Ort für die erste Architektenbesprechung ausgesucht hat, scheint es ein Geheimtipp für Touristen auf der Suche nach Naturerfahrung im sogenannten Rift Valley. Und auch hier treffen wir auf Einheimische. Zwei Pfarrer nutzen an ihrem freien Tag den Pool zum Schwimmen.
Die Besitzer der Lodge, Schweizer, betreiben eine große Kaffeefarm, nachhaltig, ökologisch, fair, ein wichtiger Arbeitgeber hier am Rande von Mbeya, einer Grenzregion, 12 km von der Grenze zu Sambia entfernt. Projekte zur Bildung der Arbeiterkinder gehören – wie an vielen Orten – selbstverständlich zum Engagement. Zu einer Führung auf der Kaffeefarm reicht unsere Zeit leider nicht, denn Morgen früh geht es weiter.