Neues aus St. Loreto

‎Samstag war dann eine gute Gelegenheit, die Kinder in St. Loreto zu besuchen. Endlich war mal keine Schule und wir fanden alle im Hof beim Bohnen lesen. Nur Theo saß abseits und rief immer wieder nach Sr. Lucia, als dann aber Sr. Lucia mit mir samt Pinzette und Rasierklinge kam, begann ein Riesengeschrei… tansanische Kinder verlassen Krankenhäuser wohl aehnlich traumatisiert, wie deutsche Kinder. Theo war erst vor Kurzem im Krankenhaus in Ikonda, um eine Fehlstellung des Beines operativ korrigieren zu lassen. Leider wurden bei jeder Nachkontrolle die Fäden an der OP-Wunde vergessen. Es war höchste Zeit, die Fäden zu ziehen und ich war begeistert, wie gut das mit einer Rasierklinge funktioniert! Aber die Tränen und der Schmerz waren – noch bevor ich das Bein überhaupt berührte – herzerweichend.

Außerdem war Zeit, in Ruhe die neue Baustelle zu besichtigen. Endlich wird der Stall nun gebaut. Das bedeutet, dass irgendwann Platz ist für ein Spiel- und Lernzimmer‎ und die Schweine nicht direkt vor dem Speisesaal leben.

Das Fundament ist so gut wie fertig

Das Fundament ist so gut wie fertig

Maisparziergang

‎Irgendwie waren wir in unserer Gesamtplanung natürlich nicht davon ausgegangen, dass der 1. Mai auch in Tansania ein Feiertag ist.

‎Natürlich wird der Internationale Tag der Arbeit auch in Tansania als Feiertag begangen.

‎Nach dem uns dann mehrfach erklärt wurde, dass am ersten Mai frei ist und sich niemand mit Kassenbuechern beschäftigen will, waren wir schnell zu einer traditionellen Maiwanderung überredet. Und obwohl wir kein “Leiterwaegele” dabei hatten, staunten die Tansanier doch schwer – fuenf Wazungu (Weisse), die einfach nur so durch die Gegend laufen.

Eine Prothese für Krispin

Krispin wollte nicht fotografiert werden. Deshalb ein Bild von einem kleinen Spaziergang nach dem Besuch des Krankenhauses.

Da erzählt mir noch einer, dass es im Niassasee keine Krokodile gibt. Krispin ist der lebendige Beweis, dass das ein netter Traum ist – je nach Betrachtung!

Krispin verlor vor vier Jahren seinen linken Unterschenkel durch einen Krokodil. Im Anschluss zerbrach dann auch seine Ehe. Mit seinen beiden Krücken ist er zwar schnell und wendig, aber auch sehr eingeschränkt. Deshalb waren Sr. Lucia und ich mit Krispin in Songea, bei Sr. Lucia “besonderem” Freund, dem Orthopädiemechaniker. Krispin soll nun eine Prothese bekommen. Erst gegen Bezahlung des vollen Preises geht einer der Mitarbeiter los, die Gipsbinden für den Abdruck in der Stadt ‎zu kaufen.

‎Gewöhnlich dauert die Anfertigung eine halbe Ewigkeit und nur nach mehrfachen Mahnungen passiert etwas.

Nun können wir nur hoffen, dass Krispin selbst sein Recht einfordern wird. Er hat Freunde in Songea, vielleicht erledigen die das für ihn, denn Krispin hat kein Geld sich das Busticket von Liuili am Niassasee bis nach Songea zu leisten, nur um dem Orthopädiemechaniker Druck zu machen. Sr. Lucia wird es für ihn nicht mehr tun können, denn sie reist mit uns zurück nach Deutschland.

Mwenge – die Flamme der Einheit

Die Tansanier sind sehr stolz auf ihre jüngere Geschichte und den friedvollen Übergang von der Kolonialzeit in die Unabhängigkeit. Irgendwie ist es ihnen gelungen aus einem künstlich zusammengefügte Gebilde mit unzähligen Volksgruppen eine Nation zu werden. Eines der Symbole der Einheit ist die Flacke der Einheit, die jedes Jahr für Monate durchs Land getragen und gefahren wird.

In diesem Jahr beginnt der Lauf der Mwenge in ‎Songea und der Ruvuma-Region. Songea, als Ort des sogenannten Maji-Maji-Aufstand hat für das Nationalbewusstsein eine besondere Bedeutung. Hier wehrten sich die Einwohner der Region zu Beginn des 20. Jahrhunderts das erste Mal gegen die – damals – deutschen Kolonialherren und wurden blutig niedergeschlagen.

Die Flamme wird mit verschiedenen Botschaften jedes Jahr durchs Land getragen. In diesem Jahr steht natürlich die Wahl im Oktober im Vordergrund. Mit der Flamme werden die Menschen ermahnt alles für eine demokratische Durchführung der Wahl zu tun.

Und diese Flamme kam nun tatsächlich gestern nach Ruhuwiko. Die Kinder waren begeistert. Außerdem war schulfrei! Und dieses Spektakel! So viele Uniformen, Maschinengewehre, Autos… und die Flamme, jede Schwester kann erzählen, wann sie das erste Mal die Flamme berührt haben. Eine Bedeutung, die sich uns Deutschen mal wieder entzieht‎. Und doch war es faszinierend mit welcher Ernsthaftigkeit und Freude diese Flamme inszeniert wird. Eine tief religiöse Symbolik! Trotz Gasmasken wegen dem Petroleumgestank.

Zeit in Peramiho

Endlich war in Peramiho einmal genügend Zeit und Möglichkeiten nicht nur mit Margaretha, der weltwärts-Freiwilligen ihren neuen Arbeitsplatz im Labor anzuschauen, sondern auch die Schwestern an ihren Ausbildungsplätze zu besuchen. Sr. Inviolata und Sr. Salome machen zur Zeit eine Schneiderlehre und Sr. Maria Vianney kann nun endlich eine fundierte Ausbildung als Elektrikerin machen. Sie ist so glücklich über diese Chance. Jahrelang hat sie die Turbine in Maguu versorgt und gepflegt. Jetzt endlich kann sie sich manche Zusammenhänge besser erklären.

Allerdings haben alle drei ziemlich abgenommen. Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass es jeden Tag Ugali und Bohnen gibt, am Sonntag ein wenig Fleisch. Zum Gemüse- und Obstessen müssen sie in die Ferien ins Regionalhaus. Und trotzdem sind sie zufrieden mit ihrem Schülerinnendasein.

Inzwischen sind wir in Ruhuwiko. Der Feiertag und die momentan stattfindende Abstimmung zum Verfassungsreferendum erfordern Spontanität. Aber dazu später mehr.

Gut angekommen!!!

Joel sucht die Ursache für das verdächtige Klappern

‎In Peramiho! Der Benediktinerabtei in der Nähe von Songea. Dorthin hat eine unserer Freiwilligen gewechselt und uns gestern Abend auch gleich in Empfang genommen.

‎Zwischendrin, so kurz nach der Hälfte der Strecke machte das schicke Peramihoauto plötzlich Zicken. Joel, unser Fahrer, hatte Mühe das Lenkrad fest zu halten. Irgendetwas klapperte verdächtig. Als wir dann mit vereinten Kräften entdeckten, dass sich irgendein (unwichtiger?) Deckel nicht mehr schließen ließ, fuhren wir beruhigt weiter und Joel hielt ab und zu an, lief mit dem Schraubenzieher ums Auto, zog irgendwelche Schrauben an den Rädern an und fuhr wieder weiter.

Und trotzdem kam keine Panik auf, solch ein tansanisches Luxusauto kann einfach keine Probleme machen. ‎Man könnte meinen, Männergemeinschaften in Tansania haben eine größere Affinität zu ihren Autos. Einfach tiptop der Fuhrpark in Peramiho im Vergleich mit den Klapperkisten in Mbinga. Statussymbole gibt’s in Mbinga keine!

Eine Werkstatt unterwegs aufsuchen, ist fahrlässig. Meist fehlen hinterher wichtige Teile bzw. wird neu gegen alt getauscht. Oft ist das, was defekt ist, repariert und dafür etwas anderes kaputt.  Aber wir hatten ausreichend Schutzengel und haben die lange Etappe gut hinter uns gebracht.

Zurück in Dar es Salaam

Mit Florian Hecke und Alexandera Leibinger in Dar es Salaam.

Wieder einmal gut in Dar angekommen. Manches wird zwischenzeitlich zur Routine bei den Reisen. Wie selbstverständlich versuche ich den Zöllner von der Bedeutung der vielen Medikamente zu überzeugen, die in meinem Koffer sind. Scheinbar nimmt er mir die naive Nonne nicht ab, die nicht wusste, dass sie weitere Papiere für die Medikamente braucht. Erst die geschenkte Salbe, die er für die Behandlung von Verbrennungen seiner eigenen Enkel nutzen kann, überzeugt ihn.

Immer die gleichen Fragen nach der Moral. Ist das nun schon Bestechung? Auch dann, wenn ich an die vielen Wundverbaende von Sr. Avelina denke, an die Patienten mit ihrer durch HIV , Mangelernaehrung oder Syphilis geschwächten Immunabwehr und ihren infizierten Wunden….

Tja, wir sind also wieder eingetaucht in die andere Welt. Und trotz aller, Routine ist so vieles fremd.

Und es verändert sich so schnell. Auf dem Weg vom Flughafen nach Kurasini habe ich heute das erste Mal einen kleinen Trupp Radfahrer gesehen. Rennradfahrer! Mit Fahrradhelmen und Radlerhosen und einem Trikot mit Nummer … Bisher waren Fahrräder einfach nur ein wichtiges Transportmittel… Nun wird es ein Sportgeraet und das Radfahren eine Freizeitgestaltung. Eigentlich ein klares Zeichen, dass eine Mittelschicht entsteht. Spannend, diese Entwicklung zu verfolgen.

Aber nicht deshalb sind wir hier, sondern um uns um einige Projekte intensiver zu beschäftigen. Zum Beispiel besprachen wir heute auf der Terrasse die nächsten Schritte für das Gästehaus in Ruhuwiko. ‎Morgen geht es dann weiter Richtung Südwesten. Wie immer ganz früh!!!

Kontrastprogramm

Bei -1 Grad, Schnee und trübem Winternebel sind wir in München gelandet. Unser erster Tag in Deutschland: Winterschmuddelwetter. Eigentlich wurde es nicht mal richtig hell. So versuche ich den tansanischen Schwestern zu erklären, dass es in Deutschland nicht immer so ist…

Die nächste Herausforderung unseres Besuchsprogramms: Schwesternfasnet am Schmotzigen Donnerstag. Auch hier komme ich in Erklärungsnot. Aber Sr. Zeituni, Sr. Michaela und Sr. Mwombezi haben richtig Spaß an unserer ausgelassenen Stimmung.

Heute nun beginnt die erste Sitzungsperiode des Generalkapitels, zu dem die drei Schwestern als Delegierte angereist sind. Neben der Wahl der neuen Ordensleitung stehen auch die Auswertung der langen Reise und die zukünftige Weiterentwicklung der Region Tansania auf dem Programm.

Mkenda

Am Sonntag waren wir noch einmal in Mkenda. Unglaublich, in welchem Tempo dort die Schwestern die Entwicklung voran treiben. Auch ihnen ist es – wie F. Silverius gelungen – die Leute aus dem Dorf mit ins Boot zu holen. Vermutlich sind sie einfach glaubwürdiger als die weißen Missionare oder Entwicklungshelfer.

Mit der Unterstützung der Leute aus dem Dorf ist das Haus, das jetzt als kleines Internat für die inzwischen zehn Kinder dient, fertig. Die ganz kleine Grundschule wollen sie schon nächsten Monat eröffnen. Gestern haben wir sie gesegnet.

Unglaublich was so passiert…

Silveri

Irgendwie hat es F. Silverius an den See verschlagen. Seine Pfarrei mit nur 2.300 Katholiken mitten in einem anglikanischen Gebiet ist eigentlich am Ende der Welt – zumindest ist am Ufer des Sees offiziell Tansania zu Ende und Malawi beginnt. Dort taucht selten Besuch auf – erst recht Besuch aus Deutschland. Und so wurde unser Besuch zu einem kleinen Fest.

Silveri hat es geschafft, in kurzer Zeit gemeinsam mit den Menschen aus seiner Pfarrei eine 7 km lange Wasserleitung zu legen, die Kirche zu streichen, unter einem Bambusdach sieben Nähmaschinen aufzustellen, an denen Jugendliche nun das Nähen lernen und aus einem Pfarrhaus, in dem es weder Stuhl noch Tisch gab, ein Haus zu machen, in dem drei Gäste übernachten können. Naja, er selbst musste so lange bei den Nachbarn schlafen.

Jetzt will er ein richtiges Pfarrhaus bauen, in dem dann auch Gästezimmer sind und die Schneiderei unterkommen kann. Im Moment müssen jeden Abend die Nähmaschinen unter das Vordach des Pfarrhauses getragen werden und das Büro des Pfarrers ist ein Freiluftsitz unter einem Grasdach.

In einer Mischung aus Geschäftssinn und grenzenlosem Optimismus hat Silveri nun den Besuch eines Weihbischofs, eines Abtes und einer Schwester aus Europa genutzt und einfach gestern mal den Grundstein für das Pfarrhaus gelegt, alles Weitere wird sich dann zeigen.

Auf alle Fälle ist sein Einsatz bewundernswert und alles andere als selbstverständlich.