Eine Farm am Ende der Welt

Von Mbinga aus haben wir uns zwei Tage in Lipilipili, unserer großen Farm einquartiert. Ziel war endlich die Ruvumafarm zu besichtigen und über eine sinnvolle Weiterführung der Farm ins Gespräch zu kommen. Schon auf der Fahrt waren Richards ganze Fahrkünste und sein Orientierungssinn gefragt. Immer wieder kamen wir an Stellen, wo die Reise für mich eigentlich zu Ende war, doch es ging trotzdem immer wieder weiter. Die Landschaft und die Böden veränderten sich und es war klar, dass wir nun kurz vor der Grenze zu Mosambik gelandet sein mussten. Und dort war nun das Land, das die Schwestern vor einigen Jahren erworben haben.

Schwierige Bedingungen für großangelegte Landwirtschaft, die achtzig Schwestern in Mbinga samt Internaten, Waisenheimen und Schulen versorgen soll. Jetzt in der Regenzeit sieht alles ganz grün und fruchtbar aus. Vom Wassermangel in der Trockenzeit ist nichts zu ahnen. Gemüse und Früchte können nicht angepflanzt werden, auch beim Mais ist es schwierig, denn all dies mögen auch die Affen und räubern sich durch jeden Acker. Jetzt haben die Schwestern Bäume gepflanzt. Vielleicht eine gute Alternative, aber nur dann, wenn die Regierung in die Infrastruktur investiert und zumindest Brücken baut, denn schwere Autos oder gar LKWs können über die vielen Brücken aus losen nebeneinandergelegten Holzstämmen nicht fahren.

Wenn die Schwestern und die Arbeiter zur Feldarbeit in Ruvuma sind, wohnen sie in einer einfachen Hütte, aktuell schlafen die Schwestern zu siebt auf vier Matratzen und doch leben sie komfortabler als die Menschen in den Häusern rund um die Farm. Und trotzdem ist es unerträglich heiß und die Schwestern tragen lange Hosen unter dem Kleid und Mützen auf dem Kopf wegen der vielen Insekten.

Durch das Bevölkerungswachstum wird auch dieser Landstrich am Ende der Welt immer stärker besiedelt. Im November hat der Staat eine kleine Dispensary eröffnet. Die eine Krankenschwester, die dort rund um die Uhr anwesend sein muss, arbeitet auch als Hebamme. Für die Geburten stehen ihr eine Liege, zwei Stühle und ein Hörrohr zur Verfügung. Unglaublich! Bisher haben alle Mütter und Kinder überlebt.

Waisenheim sucht Schwestern

Vor fünf Jahren hat Ivana aus Kroatien ihren Lebenstraum erfüllt und ein Heim für Waisenkinder in Songea aufgebaut. Mit hohem Engagement und viel Unterstützung aus Kroatien gibt sie ungefähr 40 Kindern ab vier Jahre hier ein Zuhause. Nun sucht sie personelle Unterstützung und hat bei uns angefragt – und wir fanden die Idee sehr spannend. Mal sehen, ob aus dieser Kooperation was wird.

Die Farm in Peramiho

Unter anderem wollen wir uns bei dieser Reise ja auch mit den verschiedenen Farmen beschäftigen. Deshalb haben wir uns gestern die große Farm in Peramiho angeschaut und uns über Anbaumethoden in Tansania informiert. Sehr interessant… und natürlich haben auch wir ein wenig Rosenmontag gefeiert.

Vorbereitungen für die ersten Gäste

Voller Spannung erwarten wir die erste Reisegruppe aus  Deutschland. Eine Gruppe Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigungen aus Deutschland ist unterwegs nach Ruhuwiko. Das bedeutet; letzte Einkäufe in der Stadt, Betten beziehen, kochen und backen… und wie immer, alle legen Hand an.

Und mitten in den Vorbereitungen fällt nun der Strom aus. Naja, Improvisation ist angesagt.

Fasnet in Iringa?

Aus Deutschland erreichen uns Bilder von verkleideten und fröhlichen Menschen, sogar der Rottenburger Narrenmarsch kam an und weckte Heimwehgefühle.

Hier erinnert eigentlich nichts an Fasnet oder Karneval. Die drei Schwestern, die im letzten Jahr in Untermarchtal die fünfte Jahreszeit erlebten, waren doch, na, nennen wir es mal irritiert. Für sie ein fremder, seltsamer Brauch so direkt vor der Fastenzeit.

Und nun sahen wir auf einmal in Iringa am Busbahnhof einen “Hästräger”. Aber der eine Hästräger macht noch keine Straßenfasnet, schade.

Interessanter Einstieg

Aus dem Abstand betrachtet, hatten wir heute einen interessanten Einstieg… Aus dem Abstand… In der Realität jedoch eher eine Fülle an Eindrücken und ein Wechselbad der Gefühle…

Zwei Begegnungen von heute: ein erster Besuch bei ‎Wonderworkshop. Ein Projekt für Menschen mit Behinderung , die Kunstobjekte aus Recyclingmaterial herstellen. Spannend! Und echt viele sehr schöne Objekte, die von Touristen und ausländischen Firmen gekauft werden.

Kunstobjekt des Wonderworkshops

Kunstobjekt des Wonderworkshops

Die zweite Begegnung mit den Schwestern in Luhanga war noch aufregender. Schon auf dem Weg nach Luhanga‎ wurde klar, warum der neue Präsident von Tansania auch der Bulldozer genannt wird. Ganze Viertel in den Überschwemmungsgebieten wurden platt gemacht, Müll und ein paar Trümmer sind von den Häusern übrig geblieben. Magufuli, der neue Präsident, mit Spitznamen “Bulldozer” macht seinem Namen alle Ehre. Lange wussten sie schon, dass sie im Überschwemmungsgebiet illegal siedeln. Doch niemand hat geglaubt, dass die Drohungen ernst gemacht werden. Keiner hat mit Magufuli gerechnet.

Nun leben die Menschen, die nicht bei ihren Familien untergekommen sind, auf der Straße. Zurück scheinen sie im Moment nicht zu können, neue Häuser können sie nicht bauen, Wohnungen zu mieten ist für diese Menschen finanziell undenkbar… Jetzt sind sie Vertriebene im eigenen Land… Opfer der Klimaveränderung???

In Luhanga erfahren wir dann, dass ihnen diese Herausforderungen noch bevorstehen. Die Regierung hat die Menschen in Luhanga ‎informiert, dass auch sie dieses Gebiet verlassen müssen. Es scheint so, dass das Schwesternhaus ebenso betroffen ist. Nun brauchen wir wohl doch den Plan B. Die Schwestern wollen so lange wie möglich mit den Menschen in dieser Situation solidarisch leben. Und trotzdem müssen wir langfristig nach anderen Lösungen suchen.

So schnell sind wir angekommen in der tansanischen Realität.

Aufbruch

Es ist mal wieder so weit. Die Koffer sind gepackt. Die letzten Arbeiten im Büro werden erledigt. Während für die Schwestern hier im Mutterhaus nach über 80 Jahren der Umzug im Rahmen der Renovierung des Hauses stattfindet, brechen wir nach Tansania auf. Ein Teil des Herzens wird wohl hierbleiben.

Im Laufe der Tage werde ich unsere Reisegruppe sicher noch vorstellen. Vielfältige Aufgaben stehen an und wir werden ganz unterschiedlichen Partnern begegnen. Gerne nehmen wir Sie/Euch durch den Blog wieder mit auf die Reise.

Nachklang

Inzwischen sind wir im deutschen Advent angekommen. Der Übergang war krass! Vieles bewegt uns noch. Nach einigen Tagen kam die Nachricht, dass es in der Zeit wieder einmal zu Ausschreitungen kam, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Sr. Veronika war vor Ort, hatte sich nicht so richtig getraut, darüber zu berichten, auch ich bin vorsichtig – schließlich will ich niemand vor Ort gefährden. Letzte Woche kam es zu einem blutigen Anschlag auf eine Moschee in Addis. Auch davon hören wir in Deutschland nur wenig. Unser Auftrag ist nun, den Bau des Noviziatshauses vorzubereiten und in engem Kontakt mit den Schwestern zu bleiben.

Abschied

Schon ist die gemeinsame Zeit in Nekemte vorbei und wir sind auf der Fahrt nach Addis. Wieder einmal haben Kühe, Esel und Schafe Vorfahrt und wir werden auf der Pritsche des Jeeps hin- und her geschüttelt. Weit können wir nicht rutschen, da wir eng sitzen. Möglichst viele Schwestern wollen uns nach Addis begleiten. Und so ist unser Jeep gut voll.

Wir hatten eine gute gemeinsame Zeit. Zwei Schwestern haben in den letzten Wochen die kleine Gemeinschaft verlassen. Das hat die “Zurückgebliebenen” sehr beschäftigt. So war es gut, dass wir viel Zeit zu Gesprächen, zur Klärung und nicht zuletzt zum Beten hatten. Kleine Schritte in die Zukunft. Das vinzentinische Charisma kann unter diesen heftigen Bedingungen eine Spur zur Veränderung werden. Dafür brauchen die Schwestern aber noch viel Unterstützung.

Herausforderungen

Sr. M., Comboni-Schwester aus Mexiko, ist heute meine Heldin des Tages. Sr. Martha, eine unserer Mitschwestern wird zur Zeit von ihr in die diversen Projekte zur Frauenförderung eingearbeitet. Sr. M. berichtet von den ganz speziellen Herausforderungen hier im Land, über von der Regierung erzwungene Familienplanung, über die traditionellen Rituale zur weiblichen Genitalverstümmelung, die beginnende Nahrungsmittelknappheit… Alle Themen sind verknüpft mit bürokratischen Hürden und geballter Inkompetenz und Ignoranz – auch in den verschiedenen Hilfsorganisationen. Sie versuchen so eng wie möglich, mit den Menschen vor Ort und den lokalen Autoritäten zusammen zu arbeiten und umgehen so auch manche Vorschriften. Bewundernswert!