About Sr. Anna-Luisa

Silveri

Irgendwie hat es F. Silverius an den See verschlagen. Seine Pfarrei mit nur 2.300 Katholiken mitten in einem anglikanischen Gebiet ist eigentlich am Ende der Welt – zumindest ist am Ufer des Sees offiziell Tansania zu Ende und Malawi beginnt. Dort taucht selten Besuch auf – erst recht Besuch aus Deutschland. Und so wurde unser Besuch zu einem kleinen Fest.

Silveri hat es geschafft, in kurzer Zeit gemeinsam mit den Menschen aus seiner Pfarrei eine 7 km lange Wasserleitung zu legen, die Kirche zu streichen, unter einem Bambusdach sieben Nähmaschinen aufzustellen, an denen Jugendliche nun das Nähen lernen und aus einem Pfarrhaus, in dem es weder Stuhl noch Tisch gab, ein Haus zu machen, in dem drei Gäste übernachten können. Naja, er selbst musste so lange bei den Nachbarn schlafen.

Jetzt will er ein richtiges Pfarrhaus bauen, in dem dann auch Gästezimmer sind und die Schneiderei unterkommen kann. Im Moment müssen jeden Abend die Nähmaschinen unter das Vordach des Pfarrhauses getragen werden und das Büro des Pfarrers ist ein Freiluftsitz unter einem Grasdach.

In einer Mischung aus Geschäftssinn und grenzenlosem Optimismus hat Silveri nun den Besuch eines Weihbischofs, eines Abtes und einer Schwester aus Europa genutzt und einfach gestern mal den Grundstein für das Pfarrhaus gelegt, alles Weitere wird sich dann zeigen.

Auf alle Fälle ist sein Einsatz bewundernswert und alles andere als selbstverständlich.

Erste Abschiede

Abschiede sind nicht mein Ding… ganz schlecht… und so versuche ich mich irgendwie davon zu stehlen oder zu vertrösten. Tja, nach fünf Monaten überschlagen sich irgendwie die Ereignisse. Auf einmal geht alles sehr schnell. Heute war ich das letzte Mal in St. Katharina.

Alfa, Simon und Vincent haben sich prächtig entwickelt. Vincent scheint inzwischen Langeweile zu haben, schließlich ist er jetzt schon ein ganz Großer und will beschäftigt werden. Damas und Luise sind seit zwei Wochen im Kindergarten und kommen relativ spät am Tag total kaputt zurück. Alfa hat sich richtig tapfer ins Leben gekämpft. Manches hat sich stabilisiert. Trotzdem – ohne die Unterstützung der beiden Freiwilligen aus Deutschland, Melanie und Kerstin, könnten die Schwestern die Arbeit nicht bewältigen.

Nur Evans macht mir Sorgen. Beide Zwillinge hatten Malaria, aber Emilia hat es prima weggesteckt und gedeiht prächtig. Ihr Zwillingsbruder Evans dagegen lag heute ganz kraftlos in meinem Arm. Sein Husten hört sich schrecklich an. Doch einen Kinderarzt gibt es nicht in Mbinga. Während ich mir große Sorgen mache, merke ich, wie die Schwestern auch bei Evans damit leben, dass die Entscheidung für das Leben noch nicht gefallen ist, dass auch sein Leben in Gottes Hand liegt…, dass für Zwillinge das Risiko, die ersten Lebensmonate  nicht zu überleben, hoch ist… Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass niemand mit Evans kämpft – für ihn kämpft, außer Melanie und Kerstin. Wie schwer es ist, ihn und die anderen zurück zu lassen…

Aber nicht nur von den Kindern musste ich mich heute verabschieden. Auch vom Bischof – unser Abschlussgespräch war gut und ich denke, wir sind einen guten Schritt weiter gekommen und haben eine sichere und vertrauensvolle Basis für die weitere Zusammenarbeit.

Schnee schippen – Europa für Tansanier

Nachdem nun per Facebook und E-Mail Bilder von der verschneiten Heimat ankommen, ging es heute beim Essen hier in Kurasini um das Thema “Schnee schippen”. Als ich versucht habe zu erklären, dass man in Deutschland auch bei Minusgraden aus dem Haus geht, um den Schnee vor dem Haus weg zu schippen, bin ich ziemlich ausgelacht worden. Typisch deutsch wurde mir erklärt… Wenn es in Tansania regnet und vor dem Haus das Wasser knietief steht oder der Weg wie Schmierseife wird, kommt auch niemand auf die Idee, den Matsch weg zu räumen, wurde mir erklärt. Stimmt! Ich habe dann versucht zu erklären, dass das Ausrutschen gefährlich ist. Aber da wurde dann gleich klar gestellt, dass man ja nicht aus dem Haus muss, wenn es gefährlich ist. Schließlich ist es kalt und die Deutschen haben warme Häuser. Tja, manchmal machen mich die Argumente sprachlos…

Wieder wurde mir erklärt, dass sie nie in Deutschland wohnen und leben wollen, weil sie diese Hektik verrückt macht. Immer auf den Zug rennen, damit man die Termine einhält, wäre nichts für sie…

Dann kamen wir irgendwie auf Italien zu sprechen, ja, einer der Brüder hier wird jetzt für drei Monate nach Rom zu einem Kurs gehen. Da wurde mir erklärt, dass die Korruption in Italien eine Katastrophe ist. Bei weitem schlimmer als in Tansania… Warum? Die Summen übersteigen ein Vielfaches die Beträge, die man hier im Land braucht, um einen Polizisten an der Radarfalle zu bestechen. Auch da kann ich nicht wieder besprechen… Es ist immer eine Frage der Perspektive…

Tja, so genieße ich die interessanten Gespräche hier in Dar es Salaam bei den Benediktinern. Unser Zwischenhalt gestern in Iringa war ergiebig… Vermutlich können wir dort einen gebrauchten Kleinbus kaufen. Der Fuhrpark im Regionalhaus fällt nämlich demnächst zusammen. Das Geld aus dem Verkauf der großen Busse reicht voraussichtlich. Ein Wunder, denn die ehemalige Buslinie der Schwestern, “Starexpress” diente, meiner Meinung nach, höchstens zum Ausschlachten. Doch vermutlich ist auch das eine Sache der Perspektive…

Auf Safari

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Wunderschön grün ist inzwischen das Land geworden. Der Mais steht jetzt bald schon 1,50 m hoch, zumindest hier Richtung Niassa-See. Sr. Kaja meint, jetzt müsste der Regen langsam nachlassen, sonst kommen die Dudus – jede nur mögliche Art von Insekten und Schädlinge…

Inzwischen haben die Straßen auch unter der Regenzeit zu leiden. Die Safaris werden zunehmend aufregender. Matschfahren fühlt sich an wie auf Schmierseife Halt suchen, anders als im Schnee oder bei Glatteis. Vor allem scheint der Gegenverkehr schon von Weitem zu sehen, dass eine Mzungu (eine Weiße) im Auto sitzt, die brav Rücksicht nimmt und sich an die Regeln hält, bzw. zur Seite fährt, auch in die Matschlöcher rein, wenn sie völlig überladen, mit Menschen auf dem Anhänger und Matratzen auf dem Dach in der Mitte der Straße vorbeischlittern…

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Morgen steht jedoch wieder eine Safari per Bus auf dem Programm – Teerstraße bis Iringa – eine andere Art von Herausforderungen.

Solidarität

Tansanische Kinder bieten uns hier immer wieder ganz besondere Lektionen an… Mit drei Kleinkinder aus St. Katharina waren wir heute in St. Loreto bei den Kindern mit körperlichen Behinderungen. So schnell konnten wir gar nicht schauen und eines der Kinder hat uns das Kleinkind vom Arm und mit genommen. Beeindruckend wie die Kinder sich über den Besuch der Kleinkinder freuen und sich sofort um sie kümmern. 

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Beeindruckend aber auch mal wieder wie die Kinder von St. Loreto sich gegenseitig helfen oder wie die „Neuen“ in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Zum Beispiel habe ich Paulina aus Ruanda mit ihren Klappfüßen zuerst gar nicht erkannt, so selbstverständlich war sie schon Teil der Gemeinschaft. Sie dagegen hat mich gleich erkannt und sich gefreut, als ich endlich kapiert habe, wer sie ist. Es war wirklich deutlich zu sehen, dass es ihr gut geht und sie die Gemeinschaft genießt. Gleich hat sie mir auch ihre neuen Freundinnen gezeigt. Leider ist nun klar, dass sie neben den Klappfüßen, die hoffentlich bald operiert werden können, auch auf einem Auge blind ist.

Rückreise

Unsere Tage in Dar es Salaam waren angefüllt mit Begegnungen, Einkäufen, Sightseeing und ein paar Stunden am Meer. Jetzt weiß ich, wo man am besten Kühlschränke und Waschmaschinen kauft, wo es Außenbordmotoren gibt und wo man mit Gästen zum Pizza oder Fisch essen gehen kann. Ich kann auf dem Pikipiki und Bajaji fahren (Motorrad und Dreiräder) und weiß, dass das Meer, ab einer bestimmten Windstärke nicht ungefährlich ist.

Trotzdem ist das Gewirr von Dar es Salaam noch unübersichtlich und chaotisch. Aber ich lerne einzuschätzen, was es im Land alles einzukaufen gibt und wofür wir keine Container mehr packen müssen.

Und es macht riesigen Spaß, mit Gästen aus Deutschland das Land noch besser kennen zu lernen und die Faszination zu teilen.

Alfa kämpft sich ins Leben

Aus Staub wurde Matsch – viel Matsch

Aus Staub wurde Matsch – viel Matsch

Der Weg zu unserem Oberinnentreffen heute war für manche Schwester mit großen Mühen verbunden. Sr. M. Ursula aus Lundumato zum Beispiel musste fast die Hälfte der Strecke zu Fuß gehen, weil kein Bus und kein Auto den Weg ins Hochland überwinden konnte. Tja, die Regenzeit hat uns voll erwischt. Aus Staub wurde Matsch – roter Matsch! Dafür ist es aber endlich ein wenig kühler geworden, vor allem nachts und die Menschen freuen sich sehr, dass das Wetter hier im Südwesten so fruchtbar ist. Weiter im Norden hat es noch gar nicht geregnet und nun ist es schon zu spät für die Aussaat des Maises – das ist ein sorgenvoller Start ins neue Jahr.

Morgen breche ich schon wieder nach Dar es Salaam auf, Alfa kann ich beruhigt zurück lassen. Er scheint ein kleiner Kämpfer zu sein – er kämpft sich ins Leben! Danke an alle, die sich um ihn gesorgt haben…

Ausgepackt und verteilt

Den Weg zu unseren Zimmer mussten wir uns fast bahnen, als wir am Donnerstagnachmittag aus Dar es Salaam zurückkehrten. Der Container war angekommen, sehnsüchtig hatte ich ihn erwartet, nun standen unzählige Kisten auf dem Gang. Doch am Donnerstag stand erst mal der Besuch in St. Katharina bei Alfa (dem es übrigens schon besser geht) auf dem Programm.

Freitag dann haben wir ausgepackt, sortiert, verteilt, Computerprogramme aufgespielt, Operationsinstrumente für die einzelnen Stationen gerichtet. Die Fliesen wurden schon in Ruhuwiko ausgeladen, die Solaranlage ist auch schon an Ort und Stelle, der Blitzschutz wurde verladen. Irgendwie ist es mir gelungen, eine Nähmaschine für die Mutter von Josef zu sichern, aber dazu irgendwann mal mehr… Das freut mich besonders.

Heute geht es für Sr. Lucia und Alex weiter – bei mir steht ein Meeting mit dem Regionalrat an.

Alfa

Alfa heißt der neuste Zugang in St. Katharina – und er war nicht die erste Geburt, wie wir beim Namen vermuteten (Alpha und Omega), er war das fünfte Kind seiner Mutter. Ich schreibe in der Vergangenheit, weil seine Mutter bei der Geburt ihr Leben verlor. Irgendwo auf der Straße zwischen Lundumato und Litembo erblickte Alfa „das Licht der Welt“, abgenabelt mit einem Stück Stoff.

Der Weg von Lundumato ins Krankenhaus nach Litembo war zu weit – und bei Regen ist er oft unpassierbar. Eigentlich gibt es in Lundumato eine kleine Dispensary mit einem schönen Kreißsaal. Aber Sr. Bakathi, die Krankenschwester und Hebamme, war nicht da, sie war gerade an diesem Tag mit einem Mädchen aus einer armen Familie nach Mbinga gereist, um sie bei Sr. Kaja in der Haushaltungsschule unter zu bringen. Eine zweite Hebamme kann sich die Dispensary unmöglich leisten, schon jetzt reicht das Geld in dieser armen Region nicht, um die Gehälter zu zahlen.

Vermutlich hatte Alfas Mutter eine Schwangerschaftsvergiftung, seine Augen sind knallgelb und seine Nabelschnur stinkt erbärmlich. So brachte ihn sein Vater nach St. Katharina. Er hat jetzt erst mal genug zu tun , um für die anderen vier Kindern daheim zu sorgen. Wenn Alfa „aus dem Gröbsten raus“ ist, kann er nach Hause. Oft liegt es einfach daran, dass kein Geld für das Milchpulver da ist – geschweige denn für eine medizinische Behandlung.

So haben wir gestern mit der Behandlung des Bauchnabels begonnen – nicht zur Freude der Schwestern… Vermutlich habe ich mir gestern mal wieder ein Tabubruch geleistet… als ich mit der Schere dem eitrigen Stofffetzen zu Leibe rückten, schrie Sr. Asteria entsetzt auf, wahrscheinlich dachte sie, ich schneide das wertvolle Stück Nabelschnur ab. Doch das wird irgendwann die nächsten Tage von alleine abfallen. Hier geht es jetzt erst mal drum, eine Ausbreitung der Infektion zu verhindern.

Als ich Alfa das erste Mal auf dem Arm hielt, befürchtete meine Nase das Schlimmste, doch als er dann die Flasche bekam und bereits am zweiten Tag seines Lebens einen großen Appetit an den Tag legte, wurde ich zuversichtlicher. Vielleicht macht er der anderen Assoziation seines Namens Ehre – Alfa Romeo – und wird ein ganz Schneller.